Kinderwunsch

Kind ohne Mann: Warum immer mehr Singlefrauen Mutter werden

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Dann mache ich es halt allein! Ein Kind ohne Mann bekommen – warum immer mehr Singlefrauen sich ihren Kinderwunsch ohne Partner erfüllen.

  • Immer mehr Frauen Anfang oder Mitte dreißig haben noch kein Kind, obwohl sie sich sehnlichst eins wünschen.
     
  • Oft liegt es nicht daran, dass diese Frauen Karriere machen wollen, sondern daran, dass immer mehr Männer kein Interesse an einer festen Beziehung oder gar an Kindern haben – Generation beziehungsunfähig.
     
  • Doch die Frauen sind es leid auf „den Richtigen“ zu warten – und immer mehr Singlefrauen entscheiden sich dafür, sich ihren Kinderwunsch ohne Mann mittels künstlicher Befruchtung zu erfüllen.

Kind ohne Mann: Warum es immer mehr Singlemütter gibt

Ein Kind ohne Mann bekommen – wie schwierig diese Entscheidung zu treffen ist, mit welch heftigem sozialem Druck die Single-Mütter rechnen müssen und welche rechtlichen und medizinischen Möglichkeiten zur Erfüllung des Kinderwunsches als alleinstehende Frau bestehen, erläutert aktuell die Autorin und Expertin für Familien-Themen Christina Mundlos aus Hannover in ihrem neuen Buch „Dann mache ich es halt allein – Wenn Singlefrauen sich für ein Kind entscheiden und so ihr Glück selbst in die Hand nehmen“.

Medizinische Möglichkeiten und bindungsunwillige Männer

Zu der Frage, warum immer mehr Singlefrauen sich für eine Mutterschaft ohne Vater entscheiden, schreibt Christina Mundlos: „Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich unsere Vorstellungen von Familie und Liebe, von Bindungen und Beziehungen in einem starken Wandel befinden. Bisherige Beziehungs- und Familienformen lösen sich allmählich auf bzw. weichen einer Bandbreite an neuen Formen des Zusammenlebens. Insbesondere junge Männer haben häufig kein starkes Interesse mehr an festen Beziehungen […]

Gleichzeitig wurden in den letzten Jahren neue Reproduktionstechniken entwickelt und immer geläufiger. Die künstliche Befruchtung von Frauen mittels einer Samenspende ist mittlerweile ein Standard-Verfahren. Während sich also auf der einen Seite viele Männer noch nicht bereit für eine feste Bindung oder ein eigenes Kind fühlen, bietet die Medizin auf der anderen Seite Frauen mit Kinderwunsch eben diese Möglichkeit: das Zeugen von Nachwuchs auch ohne Partner.“

Kinder ohne Väter – eine egoistische Entscheidung?

Ohne Vater ein Kind bekommen – was für eine egoistische Entscheidung!

Singlefrauen, die äußern, sich ihren Kinderwunsch ohne Partner erfüllen zu wollen, müssen mit heftiger Kritik durch die Gesellschaft rechnen. Ein Kind braucht doch einen Vater, heißt es dann! Doch ist das tatsächlich so?

Zu den Vor- und Nachteilen einer Mutter-Kind-Familie schreibt Christina Mundlos: „Brauchen Jungen und Mädchen ein männliches Leitbild im engsten Familienkreis? Bei einer amerikanischen Studie, in der Jugendliche untersucht wurden, die in Ein-Eltern-Haushalten aufwuchsen, stellte sich heraus, dass diese Kinder weniger zu geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen neigten. Mädchen wurden als unabhängiger beschrieben und Jungen als sensibler als dies in traditionellen Familien mit Mutter und Vater der Fall war […] Dass Kinder sich also weniger stark genötigt fühlen, in eine gesellschaftlich vorgegebene Geschlechterrolle passen zu müssen, kann als Vorteil gesehen werden, ganz sicher aber stellt es keinen Nachteil dar.“

Kind ohne Mann: Die Schwierigkeiten der Single-Mutterschaft

Der größte Nachteil von Singlemüttern ist auf jeden Fall das Alleinsein: Sie sind allein mit Ängsten und Schmerzen, allein mit allen Anforderungen der Sorge für das Kind, allein mit der finanziellen Verantwortung.

Die Entscheidung für ein Kind ohne Partner macht es darum zwingend erforderlich, sich genau zu überlegen, ob man rein ressourcentechnisch der alleinigen Sorge für ein Kind gewachsen ist.

Allerdings garantiert auch eine klassische Vater-Mutter-Kind-Familie keine Sicherheit.

Christina Mundlos beschreibt ganz richtig: „Ein möglicher Nachteil, wenn Kinder ohne Vater aufwachsen, ist der größere Mangel an Ressourcen, wie finanziellen Mitteln, Zeit und Aufmerksamkeit. Die meisten Eltern wünschen sich, für ihr Kind stets genügend Wärme, Geduld und Zeit zu haben. Doch auch wenn dies für Singlemütter noch schwerer zu erfüllen ist als für Elternpaare, so muss man sich bewusst machen, dass dieser Idealzustand in der Realität in keiner Familie permanent erreicht wird. Und selbst wenn es von der rein „personellen Ausstattung“ her für Singlemütter schwieriger sein dürfte, die Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen, als für Elternpaare, so zeigt eine Studie aus Großbritannien, dass sie einen anderen Vorteil haben: Single-Mums wiesen im Umgang mit ihren Kindern ein höheres Maß an Zufriedenheit und deutlich weniger Ärger auf. Die Einstellung zur Elternschaft spielt folglich eine nicht zu unterschätzende Rolle.“

Einstellung zur Elternschaft – was genau bedeutet das?

Frauen und Männern in einer festen Partnerschaft wird es deutlich leichter gemacht, sich für Kinder zu entscheiden. Eine solch klassische Familiengründung wird als natürlich betrachtet und von der Gesellschaft geradezu erwartet. Paare um die 30 stehen oftmals unter hohem sozialen Druck und werden beispielsweise durch häufige Fragen nach dem Kinderwunsch und immer mehr Babys im Freundeskreis dazu gedrängt, in die Phase der Familiengründung zu starten.

Dies ist einer der Gründe dafür, dass Frauen sich für eine Mutterschaft entscheiden, obwohl das Leben mit Kind insgeheim nicht ihren Wünschen und Erwartungen an das Leben entspricht. Die Folge sind oftmals Mütter, die ihre Entscheidung für das Kind bereuen.

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Ein Kind ohne Mann? Singlemütter durchlaufen hingegen meist einen langwierigen und schwierigen Entscheidungsprozess bis zur Familiengründung ohne Partner, während dem sie sich ausführlich damit beschäftigen, ob ein Leben als Mutter tatsächlich das richtige für sie ist. Sie machen sich ausgiebig Gedanken darum, was das Leben mit Kind für sie bedeutet und ob sie der Herausforderung tatsächlich gewachsen sind.

Christina Mundlos erklärt: „Es mögen manche Ressourcen in geringerem Umfang bei Singlemüttern vorhanden sein und es mag schwierig für sie sein, diesen Mangel anderweitig zu ersetzen. Doch verfügen sie in einem anderen Bereich über mehr Ressourcen: Wenn es um den absoluten Wunsch geht, dieses Kind zu bekommen. Denn dieser geht meist mit einer großen Portion Mut, Durchhaltevermögen und einem besonders liebevollen Umgang mit dem Kind einher. Emotionale Ressourcen scheinen also in hohem Maße vorhanden zu sein.“

Warum Männer so bindungsunwillig sind

Woran liegt es, dass immer mehr Männer so große Bedenken gegenüber der Familiengründung haben?

Kurz gesagt:

  • es liegt am enormen beruflichen Druck,
  • starker Unsicherheit in Beziehungsfragen
  • und Ängsten vor einer Trennung von den Kindern im Falle einer Trennung von der Kindsmutter.

Christina Mundlos erklärt die Schwierigkeiten: „Im Alter zwischen 30 und 40 versuchen Männer und Frauen, beruflich Fuß zu fassen und aufzusteigen. Gleichzeitig sind sie auf der Suche nach einem festen Partner oder einer festen Partnerin für die Familiengründung. Viele haben also das Ziel, sich sowohl beruflich als auch privat stark zu engagieren. Das kostet Zeit und Kraft. Die Lebensphase zwischen 30 und 40 ist also mit Ansprüchen, Erwartungen und Wünschen überladen. […] Männer versuchen oft, diesem Dilemma zu entgehen, indem sie sich zunächst ausschließlich auf den beruflichen Bereich konzentrieren. Privat meiden sie Beziehungen und erst recht Familiengründungen oder bringen sich zumindest als Vater nur wenig ein.“

Ein anderer wichtiger Aspekt, der bisher wenig thematisiert wurde, aber zunehmend an Bedeutung gewinnt: „Dass so viele Ehen scheitern und die Familiengründung keine Garantie auf einen ewigen Fortbestand der Paarbeziehung ist, verunsichert ebenfalls Menschen mit Kinderwunsch. […] Früher hat es den Vätern gereicht, ihre Kinder nach einer Trennung alle vierzehn Tage am Wochenende zu sehen. Doch je aktiver Väter auch Fürsorgeaufgaben übernehmen und je enger ihr Verhältnis zu den Kindern wird, desto weniger werden sie sich mit dieser Wochenende-Papa-Nummer begnügen. Das Risiko, dass Männer bei einer Familiengründung eingehen, ist, dass eine Trennung von der Partnerin für sie häufig auch eine Trennung von den Kindern bedeutet. Dies könnte eine unterbewusste Angst sein, die Männer eher vor dem Zeugen von Nachwuchs zurückschrecken lässt als Frauen.“

Rechtliche Unsicherheit bei der künstlichen Befruchtung

Verunsicherte Männer, instabile Beziehungen und Frauen unter Zeitdruck, weil ihre Fruchtbarkeit schwindet – eine brisante Mischung, die für immer mehr Frauen mit Kinderwunsch zu der Lösung der künstlichen Befruchtung ohne Partner führt.

Allerdings: „In Deutschland gestaltet sich die rechtliche Lage für alleinstehende Frauen, die sich künstlich befruchten lassen wollen, deutlich schwieriger als in vielen anderen Ländern. […] Die Musterrichtlinie der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2006 schließt die Behandlung von Singlefrauen aus. Samenzellen eines Dritten dürfen lediglich verwendet werden, wenn eine medizinische Begründung vorliegt. Ansonsten muss auf den Samen des Partners zurückgegriffen werden. Das ist natürlich für Singelfrauen von vorneherein nicht möglich.“

Die Richtlinie hat zur Folge, „dass bis auf die Bundesländer Berlin und Bayern in 14 der 16 deutschen Bundesländer Ärztinnen und Ärzte tatsächlich mit rechtlichen Konsequenzen wie beispielsweise dem Entzug ihrer Berufszulassung rechnen, wenn sie alleinstehende Frauen künstlich befruchten.“

Folglich weichen viele alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch aus Deutschland in andere Länder aus, um dort eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen.

Weitere rechtliche Unsicherheiten kommen hinzu, wenn es darum geht, inwiefern der Samenspender als Vater genannt werden darf und ob er im Zweifelsfall unterhaltspflichtig wäre.

Was Singlemütter für ein Kind ohne Mann zwingend brauchen

Angesichts all dieser Schwierigkeiten bei der Erfüllung des Kinderwunsches als Singlefrau, muss sich jede Frau in einer solchen Situation neben den medizinischen, rechtlichen und moralisch-ethischen Überlegungen die elementare Frage stellen: Ein Kind ohne Mann - kann ich das schaffen?

Christina Mundlos verdeutlicht: „Kein Partner, der einem in der Zeit der Schwangerschaft noch spät abends eine Pizza besorgt oder einem die schmerzenden Füße massiert. Kein Partner, der einem bei der Geburt den Rücken stärkt und die Hand hält. Kein Partner, der mal nachts aufsteht, um das Kind zu wickeln, oder der abends beim Kind bleibt, wenn man noch mal kurz in den Supermarkt oder zu einer Freundin möchte […]

Von Beginn an alleinerziehend zu sein, heißt auch, die meiste Zeit komplett allein verantwortlich zu sein und insbesondere in den ersten Jahren jeden Weg und jede Erledigung nur noch mit dem Kind gemeinsam bewerkstelligen zu können. […] Deshalb brauchen Single-Mums vor allem eins: ein großes und gut funktionierendes Netzwerk.“  

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In diesem Buch informiert Christina Mundlos umfassend über die medizinischen Möglichkeiten und die juristische Sachlage. Ebenso spricht sie moralische Fragen an, weist auf potenzielle Alltagsprobleme als alleinerziehende Mutter hin und bietet viele praktische Hinweise für Frauen, die diesen Schritt erwägen.

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