Depressionen: Wie Instagram & Co. deiner Psyche schaden können
Instagram und andere soziale Netzwerke können unserer Psyche schaden. Wir haben mit einem Experten über mögliche Folgen der Social Media-Nutzung gesprochen.
Jeden Monat nutzen weltweit 1 Millarde Menschen Instagram (täglich sind es 500 Millionen), davon sind 17,5 Millionen aus Deutschland. Facebook kommt sogar auf 2,27 Milliarden, davon gibt es 30 Millionen User pro Monat in Deutschland.
Dass Soziale Netzwerke zwar Spaß machen, aber auch negative Seiten haben, zeigen immer mehr Studien. So kann beispielsweise Instagram dafür sorgen, dass wir unsere Erinnerungen verdrängen und der Schlaf sich verschlechtert. Doch die Folgen aufgrund zu intensiver Nutzung der Bilder-Plattform reichen noch weitaus schlimmer: Die Psyche kann - vor allem bei Kinder und Jugendlichen - negativ beeinflusst werden.
Das beweist diese Studie der britischen Gesundheitsorganisation „Royal Society for Public Health“. Wissenschaftler haben rund 1.500 britische Social-Media-Nutzer im Alter zwischen 14 und 24 Jahren zu ihrem Nutzungsverhalten sozialer Medien und ihrer psychischen Gesundheit befragt. Das Ergebnis ist erschreckend: Vor allem Instagram führt bei den Teilnehmern zu einem verminderten Selbstbild sowie einer negativen Körperwahrnehmung. Einige der Befragten gaben an, an depressiven Verstimmungen zu leiden.
Darum hat Instagram laut Studie negative Einflüsse auf unsere Psyche
Das liegt vor allem daran, dass die Nutzer sich permanent mit den vermeintlich perfekten Influencern, Promis und Co. vergleichen (mehr dazu im Interview unten). Außerdem fühlten sich die Studien-Teilnehmer oft einsam und hatten das Gefühl, etwas in ihrem Leben zu verpassen. Bei der Befragung landete Snapchat auf Platz zwei, gefolgt von Facebook und Twitter. Nicht zuletzt können Instagram, Facebook und Co. süchtig machen. „Soziale Medien wurden bereits als noch süchtig machender beschrieben als Zigaretten und Alkohol, und sie sind inzwischen so im Leben der jungen Leute verankert, dass man ihre Wirkungen auf die mentale Gesundheit der Jugendlichen nicht mehr länger ignorieren kann“, erklärte Shirley Cramer, Geschäftsführerin der „Royal Society for Public Health“.
Interview mit einem Sucht-Experten
Wir haben mit Dr. phil. Hans-Jürgen Rumpf von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Lübeck über das Thema gesprochen. Herr Rumpf ist zudem ehemaliger Leiter der "Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Therapie".
Herr Rumpf, inwiefern machen soziale Netzwerke abhängig und warum?
Soziale Netzwerke wie Instagram oder Facebook werden von vielen Menschen genutzt und stellen eine Erweiterung unserer Möglichkeiten dar. In der Regel ist die Nutzung problemlos, aber einige Menschen verbringen damit zu viel Zeit und sind anfällig süchtig zu werden. Insbesondere, wenn man mit dem eigenen Leben eher unzufrieden ist, ein geringes Selbstwertgefühl besitzt oder unter psychischen Störungen leidet steigt das Abhängigkeitsrisiko. Die Beschäftigung in den sozialen Netzwerken dient zur Ablenkung von schlechten Gefühlen und wird als Belohnung erlebt – z. B., wenn andere meine Beiträge liken oder kommentieren. Wenn die digitale Welt wichtiger als das reale Leben wird, ist das ein erstes Anzeichen für eine problematische oder abhängige Nutzung.
Können soziale Netzwerke wirklich Depression und Angst hervorrufen oder fördern? Wenn ja, wie?
Ja. Studien zeigen, dass Menschen mit Depression oder Angsterkrankungen häufiger von Internetsucht befallen sind. Zum Teil kann die psychische Störung vorher bestanden und mit dazu beigetragen haben, dass ein süchtiges Verhalten entsteht. Zum Teil scheinen sich dies Störungen aber auch erst später zu entwickeln und könnten folglich mit der vermehrten Internetnutzung zusammenhängen. Gerade bei den sozialen Netzwerken wird diskutiert, ob dies daran liegen könnte, dass die Betroffenen ihr eigenes Leben oder die eigene Attraktivität mit anderen Personen vergleicht. Da sich die meisten idealisiert in den sozialen Netzwerken darstellen – also nur von der besten Seite in den besten Momenten und vielleicht auch noch mit bearbeiteten Fotos – fällt der Vergleich für den Betroffenen schlecht aus. Und das kann zu depressiven Stimmungen führen. Die Zusammenhänge sind aber noch nicht gut untersucht, da es zu wenige Längsschnittstudien gibt. Es kann aber auch sein, dass durch das Vernachlässigen der realen Welt die Unzufriedenheit der Nutzer steigt und zu psychischen Störungen beiträgt.
Was können Eltern tun, um Ihre Kinder vor zu hohem Konsum zu schützen?
Es ist wichtig, dass sich Eltern für das, was ihre Kinder online machen, interessieren und zunächst einmal offen sind und nicht alles von vorn herein ablehnen. Heutige Eltern hatten eine andere Kindheit (mit Schnurtelefon und Kassettenrekorder) und finden es befremdlich, wie sich das Leben und Miteinander ihrer Kinder heute gestaltet. Vieles ist jedoch einfach normal. Erst wenn sich Dinge ändern (Schulleistungen nehmen ab, Hobbies werden aufgegeben, Freunde werden nicht mehr getroffen) wird es zum Problem. Dann sollten Eltern diese Dinge ohne Vorwürfe mit ihren Kindern besprechen und Hilfe anbieten. Auch Regeln sind sehr wichtig - so z.B. handyfrei Orte und Zeiten. Aber wundern Sie sich nicht, wenn es nicht klappt, weil Sie mit schlechtem Beispiel vorangehen, also z.B. das Handy beim Essen auch nicht weglegen. Wenn ernsthafte Probleme auftreten, können Sie oder ihr Kind sich helfen lassen. Informationen finden Sie z.B. unter https://erstehilfe-internetsucht.de/. Von dieser Internetseite wird man übrigens garantiert nicht süchtig.
Wir danken Herrn Rumpf für das Gespräch!
Übrigens: Du kannst - um dich selbst zu schützen - auch die Time-Funktion von Instagram nutzen. Dort stellst du eine frei wählbare Zeit ein (die natürlich keine zwei Stunden betragen sollte) und wirst automatisch daran erinnert, wenn diese erreicht ist. Denn ein bewusster Umgang mit Instagram kann helfen, nicht abhängig zu werden.
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