Psychische Erkrankung

Angststörung: So hindert mich meine Seele am leben

Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot, Schwindel und Übelkeit. Wir alle kennen es Angst zu haben. Angst ist eine wichtige, starke Emotion. Sie schützt und warnt uns vor Gefahren. Aber zu viel davon kann krank machen. Wenn die Angst außer Kontrolle gerät, können ihre körperlichen und psychischen Symptome so stark werden, dass sie das alltägliche Leben stark beeinträchtigen.

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In Deutschland leiden etwa 10 Millionen Erwachsene an einer Angststörung. Keine andere psychische Erkrankung wird so häufig diagnostiziert. Angststörungen sind eine Volkskrankheit. Und doch spricht kaum jemand darüber. Angst ist etwas für schwache, unsichere Menschen. Für Weicheier. Aber Angststörungen treffen alle Menschen. Egal, ob erfolgreiche Anwälte, Hausfrauen, Studenten, Arbeitslose, Ärzte, Manager.

Angst als Schutzmechanismus

"Eigentlich ist Angst eine sehr sinnvolle und wichtige Reaktion unseres Körpers", sagt Psychologin Nadine Bittner. Wenn wir uns bedroht fühlen, fängt unser Herz an schneller zu schlagen, wir schwitzen, unsere Muskeln spannen sich an, unsere Atmung beschleunigt sich und wir sind mit einem Schlag hellwach. Unser Körper versorgt uns auf diese Weise mit der notwendigen Energie um der Bedrohung zu begegnen. Er bereitet uns darauf vor, zwei Dinge zu tun: Zu Kämpfen oder zu Flüchten.

Angst signalisiert uns, dass eine Gefahr besteht, die wir nicht ignorieren sollten. Sie gibt uns die Motivation, angemessen darauf zu reagieren. Angst zu empfinden kann also überlebenswichtig sein.

Wann wird Angst zu einem Problem?

Stell dir einen Einkauf an einem Samstagnachmittag in einer Großstadt vor. Einkaufen an einem Samstagnachmittag ist für niemanden angenehm. Es ist voll, schrecklich warm, die Menschen drängen sich zu Dutzenden in den viel zu engen Gängen, es wird gedrängelt, geschubst und geschimpft.

Die meisten Menschen würden eine solche Situation als unangenehm empfinden, vielleicht etwas ins Schwitzen kommen, sich über den ein oder anderen Ellenbogen in ihrer Seite ärgern, aber ihren Einkauf trotzdem fortsetzen. Sie hätten keine Angst.

Enge, Luftnot, Hitze, schnell weg, doch wohin?

Keine Möglichkeit zu Flüchten.

Für Menschen mit problematischen Ängsten, ist ein solcher Einkauf aber weitaus mehr als nur unangenehm. Sie bekommen Platzangst, Luftnot, ihnen wird zu heiß und sie sehen keine Möglichkeit der Situation zu entkommen. Der Einkauf wird für sie zu einer intensiven Angsterfahrung.

Ihr Gehirn interpretiert die Sinneseindrücke während des Einkaufs als gefährlich und bedrohlich. Atmung und Herzschlag beschleunigen sich, kalter Schweiß bricht aus, sie sind hellwach, nervös, unruhig, panisch. Sie haben Angst die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden und daran zu sterben.

Wenn wir Angst empfinden, auch wenn keine bedrohliche Situation besteht, wenn die Angst nicht mehr weggeht, wenn sie übermächtig scheint, wenn wir das Gefühl haben die Kontrolle zu verlieren oder sie uns zum Rückzug zwingt und so den Alltag und die Lebensfreude einschränkt, wird Angst zu einem Problem - und zu einer Angststörung.

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Symptome einer Angststörung

Manche bekommen Herzrasen bei dem Gedanken in eine U-Bahn steigen zu müssen, anderen dreht sich der Magen um, wenn ein Telefonat mit einem Fremden geführt werden muss oder eine Präsentation vor allen Kollegen ansteht. Wieder andere fürchten sich vor Spinnen oder vor dem Fliegen. Und manche haben Angst vor der Angst. Angst davor aus heiterem Himmel, ohne die geringste Vorwarnung, wieder eine Panikattacke zu bekommen für die es scheinbar keine Ursache gibt.

Angststörungen verschwinden nicht indem man Betroffenen Dinge sagt wie: “Beruhige dich doch mal!” oder “Entspann Dich, es kann gar nichts passieren!”

Angststörungen sind keine Schwäche, keine Einbildung, keine Allüren. Es handelt sich um eine ernstzunehmende Erkrankung.

Angststörungen können völlig lähmend sein und körperliche Folgen haben.

Langandauernde und intensive Angst führt zu permanentem Stress für den Körper und die Seele. Betroffene verlieren die Fähigkeit, sich zu entspannen. Die Kombination aus chronischem Stress und fehlender Entspannung führt jedoch zu verhärteten Muskeln, andauernder Ruhelosigkeit und Reizbarkeit, Beklemmungsgefühlen oder sogar Atemnot. Viele berichten von dem Gefühl, eigentlich nie richtig ausgeruht oder erholt zu sein und sich dadurch immer rascher matt und kraftlos zu fühlen.

Angststörung: Therapie durch Virtual Reality

Was gegen eine Angststörung hilft

Angststörungen gelten als sehr gut behandelbar, wenn sie frühzeitig erkannt werden. Doch die Stigmatisierung erschwert es den Betroffenen sich Hilfe zu holen. Und wird Hilfe aufgesucht, muss oftmals mit langen Wartezeiten gerechnet werden.

Ein erster Ansatzpunkt kann der Besuch beim Hausarzt sein, der bestenfalls an geeignete Psychotherapeuten oder Psychiater überweisen kann. Natürlich kann jeder Betroffene auch selbstständig nach Therapeuten suchen. Je nach Schwere der Erkrankung gibt es verschiedene verhaltenstheraupeutische Therapiemöglichkeiten, auch Medikamente oder medizinische Hypnose können zum Einsatz kommen. Bundesweite Adresslisten gibt es zum Beispiel bei der Bundespsychotherapeutenkammer.

Abseits der Therapie können das Erlernen von Entspannungsverfahren und körperliche Aktivität dem Körper helfen, psychische Anspannung abzubauen.

Psychologin Nadine Bittner empfiehlt, sich bei übermäßigen Ängsten Hilfe zu holen. Denn keiner sollte das Gefühl haben, mit seinen Ängsten alleine gelassen zu sein. 

Wer in einer akuten Krise steckt, kann sich bei der bundesweiten Telefonseelsorge (0800 111 oder 0800 222) kostenlos rund um die Uhr von kompetenten Ansprechpartnern Rat holen. Unter www.telefonseelsorge.de kann man seine Sorgen auch anonym per E-Mail schildern und erhält umgehend Antwort.

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