Freund*innenschaft

Beste*r Freund*in in toxischer Beziehung: So kannst du helfen!

Wenn der*die Freund*in in einer toxischen Beziehung ist, tut das sehr weh. Stella Schultner, Expertin für Liebe und Beziehungen erklärt, wie du Anzeichen erkennst, wie du helfen kannst, und was zu tun ist, wenn du dabei selbst an deine Grenzen kommst.

Zwei Frauen stehen Arm in Arm am Fenster und blicken nach draußen.
Eine Expertin erklärt wie du Freund*innen aus einer toxischen Beziehung helfen kannst. Foto: iStock/Farknot_Architect
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Für die meisten gehört der*die beste Freund*in zu den wichtigsten Menschen im eigenen Leben. Umso mehr freut man sich, wenn unsere liebste Person eine*n Partner*in findet, der*die ihn*sie glücklich macht. Aber was, wenn man merkt, dass der*die Freund*in sich verändert, zurückzieht und nach Beginn der Beziehung immer unglücklicher wirkt? Vielleicht berichtet er*sie dir sogar, dass der*die Partner*in extrem eifersüchtig ist und ständig alles kritisiert.  

Nicht selten steckt dahinter eine ungesunde oder sogar "toxische Beziehung". Bestimmt hast du den Begriff schonmal gehört. Er beschreibt ein Ungleichgewicht in der Beziehung, bei der es meist eine sehr dominante und kontrollierende Person gibt, während die andere klein gehalten wird und alle Forderungen der anderen erfüllen muss. Das geht oft mit psychischer Gewalt, emotionalem Missbrauch, aber auch Eifersucht und Manipulation einher. Kein Wunder also, dass eine, oder auch beide Personen, schwere psychische Schäden davontragen können.  

Es kann sehr schmerzhaft sein, wenn man miterlebt, wie die Person, die man so sehr liebt, sich selbst langsam immer mehr in dieser Beziehung verliert. Und natürlich möchte man helfen. Aber wie geht das, ohne dass man die Situation der Person noch verschlimmert?

Toxische Beziehung: 7 Anzeichen & Merkmale erkennen und bekämpfen

Wie erkenne ich, dass mein*e Freund*in in einer toxischen Beziehung ist?

Gerade als außenstehende Person ist es manchmal gar nicht so leicht die ersten Anzeichen einer toxischen Beziehung zu erkennen, vor allem, weil viele Betroffene sich schämen oder den*die Partner*in verteidigen. Oft sind sie so emotional abhängig, dass ihre größte Angst darin besteht, den*die Partner*in zu verlieren.  

Laut Dating-Expertin Stella Schultner gibt es zwei Arten, wie sich Menschen, die sich in einer toxischen Beziehung befinden, verhalten: 

Bei der ersten Variante würden die Betroffenen kaum über die Beziehung sprechen und man bemerke oft, dass der*die Freund*in sich immer mehr zurückziehe: "Toxische Partner*innen sind oft sehr vereinnahmend und wollen nicht, dass viel von der Beziehung nach außen getragen wird. Sie wollen deshalb auch nicht, dass viel Kontakt zu engen Bezugspersonen besteht." Manchmal käme es auch vor, dass der*die Freund*in vereinzelt von Vorfällen in der Partner*innenschaft berichte, aber schnell dazu übergehe das Verhalten des*der Partner*in zu verteidigen oder zu rechtfertigen. 

Wichtige Warnzeichen dafür, dass dein*e Freund*in in einer toxischen Beziehung steckt, sind:  

  • Allgemeine Veränderungen des Wesens seit Beginn der Beziehung 

  • Rückzug aus dem Sozialleben 

  • Vernachlässigung von Hobbies oder anderer Dinge, die dem*der Freund*in sonst Spaß gemacht haben 

  • Dein*e Freund*in ist nicht er*sie selbst, wenn der*die Partner*in dabei ist 

  • Ständiges Überprüfen von Nachrichten auf dem Handy aufgrund von Kontrolle durch den*die Partner*in  

  • Der*die Partner*in ist immer dabei, wenn du dich mit ihm*ihr triffst 

  • Der*die Partner*in erniedrigt deine*n Freund*in vor anderen 

Die zweite Art, wie sich eine toxische Beziehung bei einer Person zeigen kann, ist laut Schultner, die, bei der die Betroffenen über kaum ein anderes Thema, als die eigene Partner*innenschaft reden können. Es gehe hier viel darum, sich mit anderen auszutauschen, oft auch mit Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befänden.  

Hilfestellen für Betroffene häuslicher oder sexualisierter Gewalt und Angehörige:

Wenn du denkst, dass dein*e Freund*in oder jemand anderes aus deinem Umfeld häuslicher oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt ist, wende dich bitte an folgende Beratungsstellen:

Das kostenlose Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016

Das kostenlose Hilfetelefon Gewalt gegen Männer: 0800 123 99 00

Wie kann ich meinem*meiner Freund*in helfen, wenn sie in einer toxischen Beziehung steckt?

Wenn du einen ersten Verdacht hast, dass dein*e Freund*in in einer toxischen Beziehung ist, solltest du die Situation gut beobachten. Treffen viele der Anzeichen zu oder dein*e Freund*in berichtet dir selbst von Dingen, die darauf schließen lassen, dass er*sie sich in einer ungesunden Partner*innenschaft befindet, kann das schwer zu ertragen sein. Natürlich möchtest du ihm*ihr so schnell wie möglich helfen, damit er*sie aus dieser schwierigen Situation herauskommt.  

Gerade bei Personen, die sich vielleicht noch gar nicht wirklich darüber bewusst sind, dass ihr*e Partner*in toxisch ist, sollte man allerdings sehr behutsam vorgehen. Betroffene sind oft so abhängig von dem*der Partner*in, dass Hilfeversuche schnell nach hinten losgehen können. Vor allem wenn man den*die Partner*in schlecht redet oder über die Beziehung urteilt. 

Stella Schultner sagt dazu: "Die direkte Konfrontation ist meistens der falsche Weg. Man kann die Person damit nämlich so überfordern, dass sie alles abstreitet." Im schlimmsten Fall zieht sich dein*e Freund*in noch mehr in die Beziehung zurück. 

Deshalb sei es besser, von sich selbst und den eigenen Gefühlen zu sprechen. Sätze wie: "Ich weiß nicht, ob ich damit richtig liege, aber ich habe das Gefühl, dass es dir gerade nicht gut geht. Kann ich dir helfen?", seien hier eine gute Methode, um Platz für ein offenes Gespräch zu schaffen.  

Sollte dein*e Freund*in von Situationen oder Problemen in der Beziehung berichten, kann es hilfreich sein, Fragen zu stellen, mit denen er*sie selbst zum Nachdenken angeregt wird. Schultner empfiehlt als Reaktion auf das Erzählte Fragen zu stellen, zum Beispiel: "Wie fühlst du dich in solchen Situationen?" oder "Was genau macht das mit dir?". Dabei ist es besonders wichtig interessiert zu bleiben und auf keinen Fall wertend zu regieren. So schaffst du es, dass der*die Freund*in nicht das Gefühl hat, es wäre ein Angriff auf die Beziehung gegen die er*sie sich wehren muss.  

Später kannst du deine*n Freund*in z. B. auf Muster einer toxischen Beziehung aufmerksam machen, indem du von eigenen Erfahrungen berichtest oder von Personen, die sich mal in einer ähnlichen Situation befunden haben. Du kannst auch einen Artikel oder einen anderen Beitrag erwähnen, den du gelesen oder gesehen hast. 

5 Dinge, um die du dir niemals Sorgen machen musst, wenn er*sie dich wirklich liebt

Abgesehen von Gesprächen kannst du außerdem versuchen schöne Momente und Erlebnisse für den*die Betroffene*n zu schaffen. Zeige ihm*ihr, was für großartige Dinge das Leben außerhalb der Beziehung bereithält. Erinnere die Person auch daran, was für ein toller Mensch er*sie eigentlich ist. Vor allem dann, wenn der*die Partner*in oft schlecht über die Person spricht und sie so klein hält.  

Schwierig sind natürlich auch Situationen, in denen du selbst dabei bist, wenn er*sie deine*n Freund*in schlecht behandelt. Vielleicht macht er*sie Witze über deine*n Freund*in oder zeigt kontrollierende Verhaltensweisen. Es ist normal, dass dich das wütend macht und du den*die Partner*in am liebsten konfrontieren möchtest. Das könnte dazu führen, dass dein*e Freund*in noch mehr isoliert wird. Auch hier solle man lieber von den eigenen Gefühlen berichten. Man könne zum Beispiel sagen: "Oh, das tut mir aber richtig weh, wenn du so über meine Freundin sprichst." Auch hier rege man die Betroffenen zum Nachdenken und Hinterfragen an, erklärt die Beziehungsexpertin. Später, wenn man mit den Betroffenen allein sei, wäre ebenfalls Raum, um zu fragen, wie er*sie sich in den Situationen gefühlt habe, und um die eigenen Gefühle darzustellen.  

Wie kann ich meine*n Freund*in unterstützen, wenn er*sie es nicht schafft, den*die Partner*in zu verlassen?

Wenn dein*e Freund*in selbst schon gemerkt hat, dass die Beziehung ihm*ihr nicht guttut, ist das bereits ein guter Schritt in die richtige Richtung. Denn dann kannst du ihn*sie auch besser unterstützen. Stella Schultner sagt, es sei hier wichtig zu zeigen, dass man für ihn*sie da ist: "Am besten ist es, weiter zuzuhören, aber auch die Feststellungen des Gegenübers zu befürworten. Klarzumachen, dass er*sie nach der Trennung nicht allein ist und man eventuell auch eine Unterkunft bieten kann, ist ebenfalls sehr hilfreich." Mache ihm*ihr also bewusst, dass er*sie auf deine Unterstützung vertrauen kann. Du kannst auch beim Umzug behilflich sein oder bei anderen organisatorischen Dingen unterstützen.  

Was mache ich, wenn ich selbst an meine Grenzen komme?

Wenn du schon sehr lange dabei zusiehst, wie dein*e Freund*in leidet ist das sehr anstrengend. Vor allem dann, wenn er*sie in der Situation bleibt und es aus eigener Kraft nicht schafft sich daraus zu befreien, selbst wenn er*sie eigentlich weiß, dass die Beziehung toxisch ist.  

Es ist es wichtig, zu erkennen, wann du ihm*ihr als Freund*in nicht mehr weiterhelfen kannst. Hast du dieses Gefühl, solltest du der Person auf jeden Fall dazu raten sich professionelle Unterstützung zu suchen. Wie du das am besten machst, erklärt die Dating-Expertin. Man könne zum Beispiel sagen: "Ich merke, wir sprechen schon sehr lange über dieses Thema. Ich glaube ich schaffe es nicht mehr, dir dabei zu helfen. Mich belastet es sehr, dich so zu sehen. Vielleicht solltest du dir jemanden suchen, der dich professionell unterstützt."  

Wenn du auch damit keinen Erfolg hast, ist es an der Zeit zu überlegen, inwieweit du die Belastung noch aushalten kannst. "Ab da, wo man das Gefühl hat, dass man selbst Hilfe braucht, um die Freund*innenschaft tragen zu können, ist es zu viel. Da darf man auch Grenzen setzten", so Schultner. Man könne dieses Gefühl auch offen an den*die Freund*in kommunizieren. "Das ist manchmal auch ein Abschied von einer Freundschaft. Aber man muss sich daran erinnern, dass es nicht an der Freund*innenschaft oder an einem selbst liegt. Im besten Fall, kommt irgendwann der Punkt, an dem die Person so sehr leidet, dass sie die Beziehung verlässt." Wichtig ist dennoch, dass man ihn*sie wissen lässt, dass man trotzdem da ist, wenn er*sie nach der Trennung Liebeskummer hat

Stella Schultner rät außerdem dazu, sich in dieser Situation Folgendes ins Gedächtnis zu rufen: "Alles im Leben verändert sich. Und wir können nichts zu 100% kontrollieren. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass auch unsere Beziehungen zu Menschen immer in Bewegung sind."

Unsere Expertin

Stella Schultner ist Expertin für Dating, Liebe und Beziehungen. Mit ihrem Love-Coaching hilft sie Menschen ihr Dating Leben und ihre Beziehungen nachhaltig zu verbessern. Ihr Büro befindet sich in München und als @stellaschultner_psychologie teilt sie auf Instagram ebenfalls ihr Wissen rund um das Thema Liebe.  

Neben Tipps und Tricks besteht ihr Coaching vor allem daraus tiefenpsychologische Zusammenhänge und Muster zu erkennen. Dafür nutzt sie auch gerne Hypnosetechniken.