Deutschlands bekanntester Junkie

Christiane F.: Über 40 Jahre nach Bahnhof Zoo – Das macht sie heute!

Die Biografie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" von Christiane F. schockierte 1978 zuerst Deutschland und dann die ganze Welt: Die harte Realität drogensüchtiger Kinder und Jugendlicher ließ niemanden kalt. Was macht "Deutschlands bekanntester Junkie", wie Christiane F. oft genannt wird, heute?  

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Es ist dieses Gefühl, das "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" tief in der Magengrube hinterlässt. Diese Mischung aus Ekel, Mitleid, Faszination, Bestürzung, Sensationsgeilheit und Hilflosigkeit. Irgendwo zwischen "Ist das echt?" und "Gott, bin ich froh, dass mir das nicht passiert ist", da sitzt dieses Gefühl. 

Hier streamst du alle Folgen der beliebten Serie: "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"

"Wir Kinder vom Bahnhof Zoo": Deutschland wacht auf

Als der 'stern' 1978 die Geschichte der damals 16-jährigen Vera Christiane Felscherinow unter dem Titel "Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" veröffentlicht, geht ein Aufschrei durch die Gesellschaft. Christiane F. aus dem West-Berliner Problemviertel Gropiusstadt raucht mit 12 Hasch, spritzt mit 13 Heroin, geht mit 14 auf den Kinderstrich und hat mit 16 (scheinbar) die Hölle schon hinter sich gelassen. 
Der Skandal: Ende der 70er Jahre gucken die Menschen noch weg. Drogen, Beschaffungskriminalität, das große Leid der Süchtigen – das alles hat bis "Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" so weit weg gewirkt. Die beiden Journalisten Kai Hermann und Horst Rieck, die Christiane F. für ihre 12-teilige 'stern'-Serie, aus der das spätere Buch entsteht, interviewt und alles aufgeschrieben haben, zwingen die Deutschen dazu, die Augen aufzumachen. 

Die Biografie steht 95 Wochen lang auf Platz eins der 'Spiegel'-Bestsellerliste und ist das erfolgreichste deutsche Sachbuch der Nachkriegszeit. Bis heute verkaufte es sich über drei Millionen Mal und ist in 20 Sprachen übersetzt. 

Christiane F. ist seitdem das Gesicht der Drogensucht in Deutschland. Sie ist Deutschlands bekanntester Junkie. 

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Erst das Buch, dann der Film, jetzt die Serie: Christiane F. lässt die Welt nicht los

Es ist nicht das Buch allein, das die dramatische Geschichte der Christiane F. weltberühmt macht: 1981 verfilmt Uli Edel "Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" und liefert Bilder, die unter die Haut gehen. Sein harter, unerbittlicher Blick auf das Schicksal von Christiane und ihren Freunden wird heute noch zur Abschreckung an Schulen gezeigt.

Das berühmteste Bild aus "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" Foto: imago images / United Archives

Wie aktuell das Thema ist, beweist das neueste Amazon-Projekt: In Zusammenarbeit mit Constantin bringt der Streamingdienst die Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" auf den Markt. Anders als im Film soll dabei nicht der Fokus auf Christiane F. liegen, sondern auf der ganzen Clique. 
"'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo' ist einer der bewegendsten Stoffe der deutschen Nachkriegszeit. Ich freue mich sehr, dass wir die Geschichte der Christiane F. und ihren Freunden modern und überraschend anders ins neue Jahrtausend führen", sagt Produzent Oliver Berben zur 'Bild'-Zeitung
Einen genauen Sendetermin gibt es noch nicht, dafür aber ein erstes Foto der neuen Stars: Lena Urzendowsky, Jeremias Meyer, Jana McKinnon, Michelangelo Fortuzzi, Lea Drinda und Bruno Alexander.

Christiane F. nach dem Hype

Das Buch und der Film prägen Deutschland in den frühen 80ern. Schauspielerin Natja Brunckhorst, die Christiane F. in Edels Film spielte, wird dabei immer das Mädchen vom Bahnhof Zoo bleiben: 

Die beiden haben sich übrigens nur einmal im Leben gesehen. Natja traf Christiane Jahre nach "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" zufällig auf einem Konzert. "Leider ist es bei dem einen Mal geblieben. Ich wäre für eine weitere Begegnung offen, aber sie lebt ihr Leben, ich meines", erzählt sie später

Während das Buch und der Film zum Bestandteil der deutschen Kultur werden, versucht Christiane F., sich ein neues Leben aufzubauen. Sie probiert sich als Schauspielerin aus, kann aber nie Fuß fassen im Business. Sogar als Sängerin testet sie ihr Talent: Ihr Song "Wunderbar" erscheint 1982.

Größer noch als ihre Drogensucht ist das Drama um ihren Sohn Philipp. Ihn bringt Christiane F. 1996 im Alter von 34 Jahren zur Welt. 2008 wird ihr das Sorgerecht für den Jungen entzogen. Philipp ist damals 12 Jahre alt – also genauso alt wie seine Mutter, als sie am Bahnhof Zoo das erste Mal Drogen nahm.

Was macht Christiane F. heute?

Über 40 Jahre ist es her, dass die Geschichte ihres sehr jungen Lebens eine ganze Gesellschaft in Aufruhr versetzte. Christiane F., die übrigens lieber mit ihrem ganzen Namen angesprochen wird, ist heute 57 Jahre alt. Immer wieder sorgte sie in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen. Man habe sie an einschlägigen Drogenplätzen gesehen, hieß es mehrfach. Rückfall. Entzug. Erneuter Rückfall. Erneuter Entzug. Schlagworte rund um ihre Drogensucht, die für Aufmerksamkeit sorgten. 

2013 dann der Coup: Gemeinsam mit Co-Autorin Sonja Vukovic bringt Christiane F. ihre zweite Biografie – die Fortsetzung zu "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" – auf den Markt. "Christiane F. – Mein zweites Leben" katapultiert die Langzeitsüchtige einmal mehr ins Rampenlicht. Sie gibt Interviews, berichtet aus ihrem Leben. Sie gesteht, immer noch den Heroin-Ersatzstoff Methadon zu nehmen und trotz eines Leberschadens durch Hepatitis C Alkohol zu trinken und Hasch zu rauchen. Ihr Leben finanziert sie durch die Einnahmen ihrer Bücher. 

Foto: DANIEL ROLAND / AFP / Getty Images

Das Verblüffende: Christiane F. ist auch nach Jahren der Abhängigkeit eine schöne Frau geblieben. Gezeichnet haben die Drogen sie aber natürlich dennoch. Sie wirkt fahrig, unkonzentriert, defensiv und schnell überfordert. 

Es ist eben jene Überforderung, die sie 2014 die Notbremse ziehen lässt: Christiane F. zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurück. "Ich verabschiede mich. Ich bin eine kranke Frau Anfang 50", schreibt sie damals auf ihrer Homepage.
"Wir haben von Anfang an die Haltung gehabt, dass die Arbeit an ihrer Autobiografie nicht zulasten ihrer Gesundheit gehen darf", erklärt Co-Autorin Sonja Vukovic diesen Schritt in einem Interview. 

Seitdem ist es still geworden um Christiane F., nur sehr selten taucht Deutschlands bekanntester Junkie aus der Versenkung auf. Wie 2015, als Christiane F. einem Fotoshooting mit einem alten Bekannten in Berlin zustimmt. Fotograf Brad Elterman hat das Mädchen vom Bahnhof Zoo von seiner besten Seite festgehalten. Diese Trauer in den Augen konnte aber auch er nicht wegklicken: