Ehekrise: Wann ist eine Paartherapie sinnvoll?
Krisen erlebt jedes Paar - früher oder später. Ob es daraus noch enger verbunden hervorgeht oder das Beziehungsende naht, hängt zum großen Teil vom Umgang mit den Problemen ab. Eine Paartherapie ist eine der Möglichkeiten auf eine Krise zu reagieren oder ihr vorzubeugen. Paartherapeutin Marthe Kniep aus Jesteburg erklärt, wann dies sinnvoll ist.
Wer schon mal eine Trennung hinter sich gebracht hat weiß, wie sich ein unerfülltes Paarleben anfühlen kann. Meist ist es eine Art vielschichtige Frustration: Der Partner „nervt“, macht zu viel „falsch“, versteht einen scheinbar überhaupt nicht (mehr), ignoriert manches Flehen oder weicht einer Klärung aus. Die Gefühle bleiben auf der Strecke, man zieht sich in sich zurück oder geht fremd, zetert rum, lässt sich gehen und was man noch so Unleidliches tut oder erlebt, wenn es in der Beziehung oder Ehe schlecht läuft. Manchmal ist es auch die Elternschaft, die einen vor ungeahnte Probleme stellt oder das frühere Liebespaar zum Orgateam hat mutieren lassen. In so eine Situation kann man schnell hineingeraten, auch wenn am Anfang alles so toll gewesen zu sein scheint.
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Da es schwer ist, sich an den eigenen Haaren aus diesem Sumpf heraus zu ziehen, kann eine Paartherapie helfen. Welche Entwicklung ein Paar in der Zeit der Therapie durchläuft, ist dabei höchst unterschiedlich und auch der „Ausgang“ nicht immer vorhersehbar. Doch es gibt einiges, was Partner beachten können, damit sie bestmöglich von einer Paartherapie profitieren.
Früh beraten lassen
Wo Verhaltensweisen ungünstig aufeinander prasseln ohne dass sie beiden bewusst sind, macht es keinen Sinn, einfach nur zu hoffen, dass sich das Problem irgendwie auflöst. Man riskiert unnötig Porzellan zu zerschlagen. Deshalb ist die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für eine Paartherapie ganz einfach: Je früher desto besser, wenn sich Probleme abzeichnen.
Wer sich früh damit auseinandersetzt, an welcher Stelle es nicht läuft, wo der Grund dafür liegen könnte und wie eine Lösung aussehen kann, der hat beste Chancen darauf, wieder zu mehr Zufriedenheit zurück zu finden.
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Paartherapie: Sinnvoll investieren
Es ist der natürliche Ablauf, wenn Paare zunächst versuchen, selber einen Ausweg aus ihren Problemen zu finden. Doch ein zu langes Ausharren schwächt wichtige Ressourcen zur Klärung einer Krise wie Liebe, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit, Humor oder auch Geld. Mancher Eherettungsversuch in Form von Wellnesswochenenden und edlen Restaurantbesuchen kann sehr kostspielig werden, ohne den gewünschten Erfolg zu bringen. Da ist es einen Gedanken Wert, diese Ressourcen in eine gute Therapie zu investieren. In fast jedem Fall ist eine Therapie günstiger als verzweifelte Lösungsversuche oder eine Trennung mit Rosenkrieg.
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Gemeinsam nach einer Lösung suchen wollen
Die besten Chancen haben Paare, die sich gemeinsam zu einer Therapie entschließen. Natürlich ist es oft einer von beiden, der den Anstoß für therapeutische Gespräche gibt. Doch wenn der andere den Ball annimmt, sind beide Gestalter der notwenigen Veränderungen. Wo jedoch nur einer bereit ist, etwas zu verändern, sind dem anderen die Hände gebunden. Dann muss er seine Entscheidungen für die Zukunft ohne den anderen treffen. Aber auch für diese Erkenntnis braucht es manchmal einen Therapeuten.
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Offenheit entwickeln in einer Paartherapie
Entscheidend für den Verlauf einer Therapie ist deshalb die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen, etwas Neues zu probieren, vielleicht auch noch mal zurückzuschauen und über die weniger glänzenden persönlichen Eigenschaften zu sprechen. Denn in einer Paartherapie wird mit dem Paar herausgearbeitet, welches Verhalten sich für den Einzelnen und auf der Paarebene ungünstig auswirkt und was stattdessen möglich wäre. Oft geht es auch darum, ein neues Verständnis dafür zu entwickeln, welche Geschichte einen zu dem Menschen gemacht hat, der man ist und dadurch anders aufeinander eingehen zu können. Es hilft, bereit dafür zu sein, bei sich selber und auf die eigenen Themen schauen zu wollen und nicht nur auf den anderen zeigen. Denn jeder hat seinen Teil der Verantwortung für das, was geschehen ist.
Bei einer Ehekrise: Geduld mitbringen
Was sich über Jahre zugespitzt hat, wird selten in drei Sitzungen „behoben“. Es braucht deshalb eine gewisse Offenheit für einen längeren therapeutischen Prozess. Wie sonst soll die Geschichte eines möglicherweise langjährigen Paares verstanden werden, frühere Kränkungen bearbeitet oder ungünstige Kommunikationsmuster durchschaut und neue eingeübt werden? Das braucht Zeit – nicht nur bezogen auf die Zahl der Therapiestunden sondern auch auf die Zeit zwischen den Stunden, in denen sich Erkenntnisse setzen, ein anderes Miteinander ausprobiert werden kann und die Entwicklungen immer wieder gemeinsam mit dem Therapeuten reflektiert werden.
Es mag Ausnahmen geben, in denen die Erkenntnis einer Stunde eine wirkungsvolle Wende für das Paar gegeben hat. Doch in den meisten Paartherapien braucht es mehr Zeit, was nicht heißt, dass wöchentliche Termine nötig werden. Aber wer sich zum Beispiel 14tägig über ein halbes Jahr oder Jahr mit seiner Partnerschaft auseinandersetzt, wird vieles voranbringen.
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Paartherapeut*in: Gut informieren und auswählen
Es empfiehlt sich, sich einen Therapeuten zu suchen, bei dem sich beide Partner in guten Händen fühlen. Denn natürlich wird in der Therapie über sehr persönliche und intime Themen gesprochen werden müssen. Genau diese machen ja schließlich meistens die Probleme. Und davon erzählt man niemandem, den man irgendwie merkwürdig oder unsympathisch findet und zu dem man dann kein Vertrauen aufbauen kann. Deshalb ist es völlig okay, wenn man sich zusammen zwei, drei Therapeuten anschaut und dann gemeinsam überlegt, wer gut passen könnte.
Manche Paarberatungen werden auch von zwei Therapeuten angeboten (Co-Therapie). Einige Paare finden das besonders angenehm, weil es sich ausgeglichener anfühlt, wenn ein Paar zwei Therapeuten gegenübersitzt. Doch ein Einzeltherapeut kann genauso gute Arbeit leisten. Es kommt wirklich zu einem hohen Prozentsatz auf die Chemie an. Stimmt diese und ist der Therapeut fachlich gut, ist das eine gute Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Offen für den Verlauf sein
Eins muss klar gesagt werden: Kein Therapeut kann jede Ehe „retten“. Und wenn in einer Therapie herauskommt, dass es doch auf eine Trennung hinausläuft, ist das nicht zwingend als Scheitern zu bewerten. Sondern auch eine Trennung kann für manche Menschen ein wertvolles Ergebnis einer Therapie sein. Aber das soll niemandem Angst machen. Es geht immer zuerst darum, dass Klienten dahinkommen, besser mit sich selbst und dem anderen umzugehen und wieder zu mehr Zufriedenheit mit sich und dem Partner zurückzufinden. Und da führen viele Wege nach Rom. Ein Therapeut könnte der Lotse sein.
Autorin: Marthe Kniep
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