Experten-Interview

Eisenmangel: Kräuterblut oder Eisentabletten – was hilft besser?

Was hilft bei Eisenmangel besser - Kräuterblut oder Eisentabletten? Wir haben zu diesem Thema mit Dr. med. Klaus Winckler, dem Vizepräsidenten des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner, gesprochen. 

Video Platzhalter
Video: ShowHeroes

Ständig müde, schlapp und blass, dazu eingerissene Mundwinkel und Konzentrationsschwierigkeiten - die Symptome von Eisenmangel sind unangenehm und belastend. Ärzte verordnen bei der Diagnose Eisenmangel oftmals Eisentabletten. Doch viele Frauen und Männer haben während der Einnahme von Eisentabletten mit Nebenwirkungen wie Übelkeit und Verstopfung zu kämpfen. Als Alternative bietet sich Kräuterblut an.

Gut zu wissen: Eingerissene Mundwinkel: So reparierst du kaputte Mundwinkel im Nu

Was ist Kräuterblut?

Dieser Extrakt aus Pflanzen ist rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, enthält Eisen, das organisch gebunden ist, und kann unkompliziert getrunken werden. Der Geschmack erinnert an säuerlichen Traubensaft. Doch wie nützlich ist Kräuterblut wirklich? Ist diese Form der zusätzlichen Eisenaufnahme genauso hilfreich, wie die Einnahme von Eisentabletten?

Kräuterblut oder Eisentabletten? Das sagt der Experte

Wir haben dazu den Internisten und Ernährungsmediziner Dr. med. Klaus Winckler interviewt. Er ist der Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner .

Eisenmangel Klaus Winckler
Eisenmangel Klaus Winckler Foto: privat

Dr. Winckler, ab wann würden Sie als Ernährungsexperte einem Menschen empfehlen, eisenhaltige Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen?

Dr. med. Klaus Winckler: Generell würde ich empfehlen, zusätzliches Eisen nicht auf Verdacht zu nehmen. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Eisen sollte immer erst nach der Diagnose eines Eisenmangels durch einen Arzt erfolgen. Das ist ja schnell gemacht – einmal Blut abnehmen, dann weiß man, ob das zusätzliche Eisen wirklich nötig ist. Das ist insofern wichtig, als zu viel Eisen im Körper auch negative Auswirkungen haben kann, beispielsweise eine Schädigung der Organe und Gelenke. So eine Eisen-Überladung zu erreichen ist mit rein pflanzlichen Präparaten allerdings schwierig.

Sind solche Eisen-Präparate denn zur langfristigen Einnahme geeignet, oder sollte ich immer nur kurze Kuren damit machen, beispielsweise über drei Monate?

Dr. Winckler: In der Regel ist eine solche Einnahme gedacht, um einen Mangel auszugleichen. Nun gibt es Menschen, die ständig mit einem Eisenmangel zu tun haben, beispielsweise Frauen, die durch die Menstruation regelmäßig Blut verlieren und sich zusätzlich noch vegetarisch oder vegan ernähren – also ohne Fleisch und Fisch, was mit die eisenreichsten Lebensmittel sind - da kann es sein, dass diese Frauen immer wieder Eisen-Präparate nehmen müssen. Rein prophylaktisch sollte aber niemand Eisen einnehmen. Wenn ein Mangel da ist, verordne ich in der Regel für einige Wochen die Einnahme von Eisentabletten und dann hat sich dieser Mangel auch erstmal wieder erledigt. Eine kontinuierliche Eisen-Supplementation verordnen wir Ärzte eigentlich nicht.

Viele Ärzte verschreiben bei einem Eisenmangel als erstes Eisentabletten – woran liegt das?

Dr. Winckler: Das hat vermutlich mit der unterschiedlichen Haltbarkeit der Präparate zu tun. Wirkstoffe in Tablettenform sind wesentlich länger haltbar als solche in flüssiger Form, wie beispielweise in Kräuterblut. Ist eine Flasche mit Kräuterblut geöffnet, muss sie innerhalb weniger Wochen verbraucht werden, Eisentabletten halten sich für Jahre. Außerdem lässt sich bei den pharmazeutischen Präparaten in Tablettenform die Dosierung genauer bestimmen.

Wie sieht es mit der Verwertbarkeit aus – tierisches oder pflanzliches Eisen, welches kann der menschliche Körper besser verarbeiten?

Dr. Winckler: Bei Lebensmitteln wird das Eisen aus tierischen Quellen wie Fleisch und Fisch etwa doppelt so gut aufgenommen, wie das aus pflanzlichen Quellen wie etwa Paprika und Rote Beete. Bei den Zusatzpräparaten wie Eisentabletten und Kräuterblut sind mir keine Vergleichsuntersuchungen bekannt. Ich denke, es ist beides wirksam und beides gibt es ja auch in verschiedenen Stärken. Letzten Endes muss jeder Patient ausprobieren, welches Präparat er am besten verträgt und welches am besten wirkt.

In der Apotheke sind Eisenpräparate ohne Rezept erhältlich – sehen Sie das kritisch?

Dr. Winckler: Da liegt die Verantwortung beim Apotheker, der sollte nachfragen, warum der Mensch dieses Präparat nehmen möchte. Man muss ja nicht alles unter Rezeptpflicht stellen.

Was würden Sie denn eher empfehlen – Eisentabletten oder Kräuterblut?

Dr. Winckler: Das hängt ganz von der Verträglichkeit ab. Wenn ich unter der Einnahme von Eisentabletten mit Nebenwirkungen wie Magenschmerzen und Verstopfung leide, kann sich ein Versuch der Eiseneinnahme in flüssiger Form sicherlich lohnen. Ich verordne in der Praxis bei einer behandlungsbedürftigen Eisenmangelanämie üblicherweise Eisentabletten, weil diese sich bewährt haben. Wenn dieser Eisenmangel sich aus den Laborwerten ergibt, werden die Kosten für dieses Präparat auch von der Krankenkasse übernommen.

Und wie kommen Ihre Patienten mit den Eisentabletten zurecht?

Dr. Winckler: Gut! Das sind vielleicht zehn Prozent, die diese Tabletten überhaupt nicht vertragen. Wenn der Mangel sehr ausgeprägt ist, kann man sich dann überlegen, Eiseninfusionen zu geben. Es gibt zum Beispiel Patienten mit hochgradiger Adipositas, die eine Magen-Bypass-Operation hatten, die können fast kein Eisen mehr aufnehmen, weil der Abschnitt des Darms, der dafür zuständig, ist bei denen ausgeschaltet ist.

Wenn bei diesen Patienten der Hämoglobin-Wert in den Keller geht, also unter 10 g/dl, dann gebe ich da Eiseninfusionen. Und wenn ich eine Frau als Patientin habe, die eine solche OP nicht hatte, aber alle Eisenpräparate schon ausprobiert hat und mit keinem zurechtkam, dann kann man auch da überlegen, Eiseninfusionen zu geben. Die entsprechenden Präparate sind zwar sehr teuer und belasten das Budget des Arztes, allerdings sind sie inzwischen auch deutlich besser verträglich als noch vor einigen Jahren.

Die früheren Präparate waren oft nicht so gut verträglich, da hatten wir oft allergische Reaktionen, bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen. Mit einer solchen Infusion kann man so viel bewirken, wie mit drei Monaten Tabletten schlucken. Aber es ist doch ein Eingriff, wenn auch ein kleiner. Man schiebt da eine Nadel unter die Haut, das muss ja nicht unbedingt sein.

Würden Sie schwangeren Frauen auch solche Eiseninfusionen empfehlen, um deren Eisenwert schneller in den Normbereich zu kriegen?

Dr. Winckler: Nein, da würde ich auch erstmal mit Tabletten arbeiten. Infusionen macht man wirklich nur dann, wenn ein hochgradiger Eisenmangel mit Blutarmut vorliegt und Tabletten so gar nicht vertragen werden.

Es gibt im Supermarkt viele Fruchtsäfte, die mit speziellen Eisen-Zusätzen werben – was ist davon zu halten, taugen die etwas?

Dr. Winckler: Es gibt einen festen Tagesbedarf an Eisen für Frauen von 15 Milligramm und 10 Milligramm für Männer, so empfiehlt das die Deutsche Ernährungsgesellschaft. Diesen Tagesbedarf können Sie ein Stück weit auch über solche Säfte abdecken. Aber eine Mangelsituation werden Sie niemals mit solchen Zusätzen ausgleichen können.

Und wie kann ich mich langfristig am besten dagegen absichern, einen Eisenmangel überhaupt zu bekommen?

Dr. Winckler: Fleisch und Fisch sind ganz klar die besten Eisenlieferanten für den menschlichen Körper. Sie sind die eisenreichsten und effektivsten Lebensmittel in Hinsicht auf Vermeidung eines Eisenmangels. Zusätzlich hilft die Kombination mit Zitrusfrüchten, beispielweise in Fruchtsäften, dem Körper dabei, dieses Eisen aufzunehmen. Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, werden, wenn sie dabei bleiben wollen, allerdings kaum um die Einnahme von Eisenpräparaten herumkommen.

Vielen Dank für Ihre Mühe, Dr. Winckler!

Weiterlesen: