Fridays for Future: Warum ich diese Generationen beneide und mich für meine schäme
Heute ist globaler Klimastreik und ich war in Hamburg unter den 100.000 Menschen mit dabei - allerdings mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn ich bin wirklich ein wenig neidisch auf die "Fridays for Future"-Bewegung – meine Generation ist nämlich ganz anders.
Wer hätte das gedacht? Wie wurde Greta Thunberg noch von Politikern, ach, eigentlich nahezu allen Erwachsenen belächelt, als sie mit ihrem Klimastreik im August 2018 begann. Ein Jahr später hat sich mit "Fridays for Future" eine weltweite Bewegung von Schülern entwickelt, auf die die Erwachsenenwelt nun auch reagieren muss und auch will.
"Fridays for Future" hat Einfluss auf die Politik
Heute gingen Erwachsene rund um den Globus gemeinsam mit den Schülern auf die Straße, um für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Ich war in Hamburg dabei und bin immer noch überwältigt vom politischen Engagement dieser Generation. Sie könnte das schaffen, was zuletzt die Montagsdemos in der ehemaligen DDR geleistet haben, die Politik ernsthaft in Zugzwang zu bringen. Schon jetzt ist der Einfluss der "Fridays for Future"-Aktivisten sichtlich zu merken. Selbst Parteien, die früher nicht gerade für eine aktive Nachhaltigkeitspolitik bekannt waren, setzen jetzt auf grüne Themen, die bisher ausschließlich von den Grünen behandelt wurden.
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Warum ich mich für meine Generation schäme
Die Generation Z ist, was ihren politischen Einfluss angeht, meiner Generation X dabei sichtlich überlegen. Die heutigen Jugendlichen sind selbstbewusst und strotzen vor Engagement. Sie glauben daran, wirklich etwas verändern zu können und gehen dafür jeden Freitag auf die Straße – und darauf bin ich wirklich etwas neidisch. Ich bin 1982 geboren und kann mich noch gut an die Tschernobyl-Katastrophe erinnern. Unsere Eltern gingen damals auf die Straße, aber wir waren natürlich zu klein, um wirklich zu begreifen, wie ernst es tatsächlich war. Es war aber das bedrohliche Gefühl zu spüren, dass etwas wirklich Schlimmes passiert war. Eigentlich hätte meine Generation, die in diesen Zeiten geboren wurde, doch dadurch besonders politisch engagiert sein müssen – aber irgendwie ist genau das Gegenteil der Fall. Meine Generation ist grundsätzlich nicht sonderlich ökologisch interessiert. Mir scheint es, als ob sie eher damit beschäftigt ist, sich um ihr eigenes Wohl zu kümmern und das große Ganze irgendwie keine große Rolle spielt. Fernreisen mit dem Flugzeug gehören genauso zum Lifestyle unsere Generation dazu, wie Essen in Plastikverpackungen zu bestellen. Hauptsache schnell, Hauptsache bequem ist unsere Devise.
Ein einziger meiner Freunde war schon immer ein Kämpfer für die Umwelt und hat uns damit alle genervt. "Hast du schon Ökostrom?", war seine erste Frage, wenn er auf einer Party jemanden kennenlernte, wenn wir noch keine LED-Lampen hatten, kam er höchstpersönlich vorbei, um sie zu montieren. Er wollte uns alle bekehren - und wir waren alle genervt. Heute muss ich zugeben, dass dieser Freund schon immer Recht hatte und schäme mich, dass ich das nicht schon immer so gesehen habe. Hätte unsere Generation früher begriffen, wie schlecht es ums Klima steht und wären wir dafür auf die Straße gegangen, hätten die Politiker schon viel früher umdenken müssen.
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Klimastreik ist jetzt ein generationenübergreifends Thema
Umso mehr freut es mich aber, dass beim heutigen Klimastreik auch so viele Erwachsene mit dabei waren - und zwar nicht nur Althippies. Auch meine Generation war auf der Straße und das gibt mir Hoffnung, dass es ein grundsätzliches Umdenken bezüglich unserer Umwelt und politischem Engagement gibt.
Die "Fridays for Future"-Bewegung ist definitiv dabei etwas ganz Großes zu schaffen und es freut mich, dass ich das noch erleben und meinen Teil dazu beitragen kann. Die junge Generation hat mich auf jeden Fall wieder aus meiner Politikverdrossenheit herausgeholt, an der ich viele Jahre litt und zeigt, dass wir wirklich etwas verändern können, wenn wir alle zusammen auf die Straße gehen.
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