Liebesschwindler

Love-Scamming: "Er schrieb, er sei ein Arzt aus Schweden – und plötzlich wollte er viel Geld“

Gerade in diesen Zeiten gibt es sie immer öfter: Love-Scammer – moderne Liebesschwindler. Sabine Witte (54) erkannte sie und heckte einen Plan aus.

Love-Scamming: Er schrieb, er sei ein Arzt aus Schweden – und plötzlich wollte er viel Geld“
Foto: Ilona Habben
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"Hey dear, how are you doing?“ Diese Nachricht landete im Mai vergangenen Jahres in Sabines Instagram-Postfach. Der Absender: ein fremder Mann in ihrem Alter. „Ich war neugierig und schaute mir sein Profil an“, erzählt die Hamburgerin. Sie scrollt durch die Bilder und entdeckt neben Selfies auch Fotos im Arztkittel und mit Kindern. Ihr erster Eindruck: „Ein attraktiver Mann.“

Ausgeklügelter Plan: Sabine führt den Liebesschwindler an der Nase herum

Sabine ist zu der Zeit eine glückliche Single-Lady. Als sie sich vor sechs Jahren nach 20 Jahren Ehe scheiden lässt, merkt sie, dass sie wunderbar allein zurechtkommt. Und wirklich allein ist sie ohnehin nie, denn sie ist Mutter eines 18-jährigen Sohnes. „Niklas und ich sind ein eingespieltes Team. Wir erzählen uns alles“, erzählt sie stolz.

So zeigt Sabine ihrem Sohn auch die Nachricht von dem Schönling aus dem Internet. Denn sie hat direkt ein mulmiges Gefühl. „Mir war bewusst, dass es Love-Scammer, also Liebesschwindler gibt, die Frauen im Internet anschreiben, ihnen Liebe vortäuschen und letztlich nur an ihr Geld wollen“, erklärt Sabine. Auch Niklas ist die Masche bekannt. „Mama, fall da bloß nicht drauf rein“, sagt er besorgt.

In dem Moment spinnt Sabine einen teuflisch guten Plan. „Ich beschloss, sein Spielchen mitzuspielen. Allerdings nach meinen Regeln“, sagt sie lachend. Ihre Mission: Beweise sammeln und damit zur Polizei gehen. „Ich wollte, dass er seine Zeit mit mir verschwendet. Denn in den vielen Stunden, die er mit mir schrieb, konnte er keine anderen Frauen manipulieren, die vielleicht wirklich auf seine Masche reingefallen wären“, erklärt Sabine. Sie ist überzeugt: „Durch die Pandemie werden immer mehr Frauen Opfer von Scamming. Die Männer – oder auch Frauen – nutzen die Einsamkeit vieler Menschen schamlos aus.“

Er will Geld: Nach nur wenigen Wochen

So schreibt die 54-Jährige fast täglich mit dem Mann, der sich als Arzt aus Schweden ausgibt. „Anhand meiner Bilder erkannte er offenbar meine Schweden-Liebe“, vermutet Sabine. Der Scammer macht ihr Komplimente, nennt sie „Baby“ und „Honey“, schickt ihr Küsse und schreibt, dass er sie unbedingt treffen will. „Er hat mir auf eine ganz spezielle Art Honig um den Mund geschmiert“, sagt Sabine. Damit sie nicht auffliegt, geht sie auf seine Nachrichten ein. „Ich muss zugeben: Irgendwann hatte ich richtig Spaß daran.“

Bis er Sabine das erste Mal nach Geld fragt, verstreichen nur wenige Wochen. Er behauptet, auf einem Auslandseinsatz in Syrien zu sein und dringend Geld für das Sommercamp seiner Tochter zu brauchen. Sabine lässt sich die Kontodaten geben und findet heraus, dass diese zu einer Frau nach Amerika führen. Als sie ihn damit konfrontiert, behauptet er, dass es sich um das Konto der Frau eines Freundes handelt.

Der Polizei sind die Hände gebunden

„Seine Ausreden waren dreist. Aber ich hatte endlich genug Beweise für die Polizei. Dachte ich jedenfalls.“ Die ermutigt sie zwar, eine Anzeige zu erstatten, macht ihr aber keine großen Hoffnungen. „Da sich der Täter im Ausland befindet, konnte die Polizei nichts tun.“

Nur wenige Tage später wird sie erneut von einem Unbekannten angeschrieben. Dieses Mal angeblich ein Immobilienmakler aus Hamburg. Sabine spielt das Spielchen wieder kurz mit, gibt dann aber auf. „Die Polizei hätte bestimmt auch in diesem Fall nichts tun können.“

Liebes-Happy-End trotz Love Scammer

Zudem hat sie im Sommer ohnehin Besseres zu tun. „Über StayFriends schrieb mich ein Klassenkamerad aus der Grundschule an“, erzählt sie. Erst ist sie skeptisch. „Aber ich wollte nicht in jedem Mann etwas Böses sehen.“Sie verabreden sich zum Telefonieren, wenige Tage später treffen sie sich. „Was soll ich sagen? Es hat so was von gefunkt.“ Sie haben sogar schon Pläne geschmiedet. Bald wollen sie zusammen in Sabines Herzensland ziehen, nach Schweden. „Das ist mein ganz persönliches Happy End.“

Sabines Tipps: „So entlarvt ihr Scammer“

  • Profil checken: Finger weg, wenn euch ein Mann anschreibt,

    der sich als Arzt, Pilot oder Geschäftsmann aus dem Ausland ausgibt

    und Fotos mit Kindern oder in Berufskleidung drin hat. Vorsicht

    sollte auch geboten sein, wenn er angibt, alleinerziehend zu sein,

    verdächtig gut aussieht und das Profil erst kürzlich angelegt wurde.

  • Bilder suchen: Ihr könnt Bilder bei Google auch umgekehrt

    suchen. Wenn ihr images.google.com eingebt, könnt ihr Bilder hochladen

    – und Google zeigt euch, wo die Fotos noch genutzt werden.

  • Zu schnell zu viele Herzchen? Seid skeptisch, wenn euch jemand nach kürzester Zeit Herzchen schickt, unzählige Komplimente macht und schnell seine Liebe verspricht. Scammer setzen einen emotional unter Druck, um ihr Ziel zu erreichen – eine Überweisung.

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Video: Glutamat

Artikelbild und Social Media: Ilona Habben

Autorin: Lisa Schleif