Natürliche Verhütung mit den fruchtbaren Tagen
Viele Frauen wollen eine natürliche Verhütung ohne Hormone. Zervixschleim beurteilen, Basaltemperatur messen, Muttermund tasten - so funktioniert es!
- Natürliche Verhütung mit den fruchtbaren Tagen - so funktioniert es
- Wie sicher ist Verhütung mit fruchtbaren Tagen?
- Familienplanung mit der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode
- Die drei Fruchtbarkeitsindizien
- Was ist der Muttermund?
- So funktioniert die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode
- Das Zervixsekret bestimmen
- Die Basaltemperatur messen
- Wie kann ich den Muttermund ertasten?
- Anleitung für die Zervixbeobachtung
- Ist natürliche Verhütung für mich geeignet?
Natürliche Verhütung mit den fruchtbaren Tagen - so funktioniert es
Moderne Verhütungsmethoden wie die Antibabypille haben viele Vor-, aber eben auch einige Nachteile. Gerade das Einnehmen von hormonellen Verhütungsmitteln wie der „Pille“ bedeutet einen intensiven Eingriff in die natürlichen Körperfunktionen und den Hormonhaushalt der Frau. Viele Frauen leiden unter Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen, wenn sie die Pille nehmen. Unter anderem aus diesem Grund verhüten immer mehr Frauen gerne mit dem Wissen über die fruchtbaren Tage.
Wie sicher ist Verhütung mit fruchtbaren Tagen?
Die Sicherheit einer natürlichen Verhütung anhand der Bestimmung der fruchtbaren Tage kann nicht mit der einer künstlichen Verhütung mithalten. Doch wenn eine Frau bereit ist, sich intensiv mit der Funktionsweise ihres Körpers auseinanderzusetzen und diszipliniert den Verlauf ihres Zyklus zu dokumentieren, kann sie dennoch sehr gute Ergebnisse erzielen.
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Weitere Vorteile der natürlichen Verhütung:
- ein verstärktes Bewusstsein für den eigenen Körper
- größere Wertschätzung für die spannenden Abläufe des weiblichen Zyklus
- keine hormonelle Belastung des Körpers
- bei Einbeziehen des Partners: Stärkung der partnerschaftlichen Bindung
Viele Frauen fühlen sich nach einer Weile natürlicher Verhütung deutlich besser und wohler in ihrem Körper. So manche Frau berichtet begeistert von einem ganz neuen Gefühl der Freiheit.
Familienplanung mit der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode
Der Wunsch nach einem tieferen Verständnis der weiblichen Fruchtbarkeit entsteht meist dann, wenn eine Frau sich ein Baby wünscht, der Kinderwunsch über lange Zeit nicht erfüllt wird oder aber der Wunsch nach einer natürlichen Verhütungsweise ohne Hormone entsteht. Auch Krankheiten wie etwa die schmerzhafte Endometriose können Auslöser dafür sein, dass Frauen mehr darüber wissen wollen, wir ihr Körper funktioniert.
Für die amerikanische Gesundheits-Expertin Toni Weschler war der Wunsch nach mehr Wissen zum weiblichen Körper der Anlass, ein sehr umfangreiches Buch zum Thema Fruchtbarkeit zu schreiben. In dem Standardwerk „Familienplanung“ hat sie detailliert beschrieben, was derzeit zu Empfängnisverhütung, Kontrolle der Fruchtbarkeit und Erfüllung des Kinderwunsches bekannt ist.
Ziel der Ausführungen von Toni Weschler ist es, Frauen und Männer dazu zu befähigen, die weibliche Fruchtbarkeit gezielt zur Familienplanung zu nutzen und eine Schwangerschaft bewusst zu begünstigen oder zu vermeiden. Wichtigstes Element dafür ist nach Toni Weschler die „Bewusste Fruchtbarkeitsmethode“ (auf englisch: Fertility Awareness Method, kurz FAM), bei der die genaue Beobachtung dreier Merkmale genaue Rückschlüsse auf den Zyklus der Frau ermöglicht.
Die drei Fruchtbarkeitsindizien
Die drei Fruchtbarkeitsindizien, an denen sich ablesen lässt, ob eine Frau an einem bestimmten Tag empfängnisbereit ist oder nicht:
- das Zervixsekret,
- die Basaltemperatur (Morgentemperatur)
- die Lage der Zervix (als zusätzliches Zeichen, das die beiden Ersteren stützt).
Was ist der Muttermund?
Bei der Zervix handelt es sich um den Gebärmutterhals, also den unteren Teil der Gebärmutter, der die Öffnung zur Scheide, den Muttermund, enthält. Innen ist er mit Schleimdrüsen ausgekleidet, die das »fruchtbare« Zervixsekret bilden. Der Muttermund (Ostium uteri) ist die kleine Öffnung der Zervix, die sich beim Eisprung weitet und bei der Entbindung auf bis zu zehn Zentimeter dehnt, damit das Baby bei der Geburt hindurchpasst.
Der Körper einer Frau bereitet sich in jedem Zyklus auf eine mögliche Schwangerschaft vor – zum Leidwesen all der Frauen, die nicht schwanger werden möchten. Fruchtbar ist eine Frau allerdings nur an den wenigen Tagen im Zyklus rund um den Eisprung. Dieses fruchtbare Zeitfenster lässt sich durch die Selbstbeobachtung von Basaltemperatur (Morgentemperatur), Zervixsekret und möglicherweise zusätzlich durch die Lage des Muttermunds alltagstauglich, nichtinvasiv und zuverlässig bestimmen. An einer Tabelle, in die eine Frau täglich ihre Fruchtbarkeitszeichen einträgt, kann sie ablesen, ob sie gerade empfängnisbereit ist.
So ermöglicht die FAM es Frauen, eigenverantwortlich zu verhüten oder schwanger zu werden und die Vorgänge in ihrem eigenen Körper besser kennenzulernen.
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So funktioniert die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode
An dieser Stelle möchten wir anhand kurzer Auszüge aus dem Buch „Familienplanung“ erläutern, wie die Analysse des Zervixsekrets, das Messen der Basaltemperatur und das Ertasten des Muttermundes funktionieren.
Das Zervixsekret bestimmen
Bei praktisch jeder Frau, die einen Eisprung hat, folgen die Veränderungen des Zervixsekrets im Laufe ihrer Zyklen einem ganz bestimmten Muster. Im Grundmuster wird das Zervixsekret nach der Periode unter dem Einfluss des steigenden Östrogen-Spiegels allmählich feuchter, je näher der Eisprung rückt. Je nachdem, wie sich das Sekret bei der Untersuchung mit den Fingern verhält, sind deutliche Rückschlüsse auf die aktuelle Fruchtbarkeit der Frau möglich.
Zu möglichen Vorbehalten gegenüber dieser Analyse schreibt Toni Weschler: „Wer die Untersuchung des Zervixsekrets als peinlich empfindet, kann gewiss sein, dass sie nach ein paar Tagen zur Routine geworden ist. Und wer ein Baby bekommen will, dem kann ich versichern, dass volle Windeln und spuckende Säuglinge viel, viel unappetitlicher sind als Zervixsekret.“
Die Basaltemperatur messen
Die Messung der Basaltemperatur erfolgt direkt morgens im Bett, noch vor dem Aufstehen und in aller Ruhe. Dazu sollte die Frau möglichst sechs Stunden oder länger geschlafen haben.
Bei regelmäßiger Messung ergibt sich eine Kurve, die ungefähr in der Mitte des Zyklus einen Temperaturanstieg um einen halben Grad anzeigt. Einen Tag nach diesem Temperaturanstieg findet der Eisprung statt und die Frau ist am fruchtbarsten. Ab dem dritten Tag nach dem Anstieg bis zur nächsten Periode ist die sicher unfruchtbare Zeit, in der auf weitere Verhütungsmethoden verzichtet werden kann. Da Spermien im weiblichen Körper bis zu drei Tage überleben können, muss ungefähr fünf Tage vor dem Eisprung schon mit weiteren Verhütungsmitteln verhütet werden. Die fruchtbaren Tage dauern dann bis drei Tage nach der Temperatursteigerung an.
Zur Messung der Basaltemperatur gibt es verschiedene Thermometer und Verhütungscomputer auf dem Markt. Welches Gerät für sich am besten funktioniert, muss jede Frau selbst herausfinden. Für die meisten Frauen eignen sich digitale Thermometer am besten als Messinstrumente für die Morgen- oder Basaltemperatur.
Für wen ist die Methode der Verhütung per Basaltemperatur geeignet?
Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte warnt: „Für das Messen der Basaltemperatur muss die Frau morgens noch vor dem Aufstehen möglichst immer zur gleichen Zeit ihre Temperatur messen, nicht unter dem Arm oder im Ohr, sondern unter der Zunge, in der Vagina oder im After, und immer mit derselben Methode“, so Albring. Dieser Wert wird dann täglich in den Kalender, eine Tabelle, eine Grafik, eine App oder einen Computer zur Familienplanung eingetragen. „Wenn die Messungen wirklich exakt durchgeführt werden, dann kann der geringe Temperatur um den Eisprung herum festgestellt werden, vor allem deshalb, weil danach bis zum Ende des Zyklus die Temperatur erhöht bleibt“, fügt der Frauenarzt hinzu. Mit einiger Erfahrung - das braucht oft einige Zyklen – kann die Frau dann die Erhöhung der Temperatur aus ihrer Tabelle ablesen und ihre fruchtbaren und unfruchtbaren Tage bestimmen.
Allerdings steigt die Körpertemperatur bereits leicht an, wenn man
- länger ausschläft,
- vor dem Temperaturmessen bereits aufsteht oder Sex hat,
- später ins Bett geht,
- abends noch Sport macht,
- Alkohol trinkt,
- eine Infektion hat,
- unter Stress leidet und schlecht schläft,
- große Anstrengungen bewältigen muss oder auf Reisen ist.
- Auch bei Frauen im Schichtdienst oder mit stark wechselnden Arbeitszeiten und Nachtarbeit sind die Temperaturkurven praktisch nicht zu verwenden.
Solche Temperaturschwankungen müssen berücksichtigt werden, wenn eine Frau versucht, den Zeitpunkt ihres Eisprunges mit der Temperaturmethode zu bestimmen. Sie können dazu führen, dass die Frau – oder die App oder der Verhütungscomputer - meint, dass der Eisprung bereits stattgefunden hat, obwohl das noch gar nicht der Fall war. Wenn die Frau nach einer solchen Temperaturerhöhung aufhört, Barrieremethoden wie Kondom oder Diaphragma zur Verhütung zu verwenden, kann das zu einer unerwünschten Schwangerschaft führen.
Deshalb sind Verhütungscomputer und -Apps genauso wie die alte Methode mit Stift, Papier und Temperaturkurve nur für Frauen geeignet, die eine sehr regelmäßige Lebensführung und auch einen regelmäßigen und zuverlässigen Zyklus haben und bereit sind, auf spontanen Sex zu verzichten. Bei jungen Mädchen und Frauen etwa bis 18 Jahre ist die Temperaturmessung nicht zuverlässig genug.
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Wie kann ich den Muttermund ertasten?
Dass die meisten Frauen von allen Fruchtbarkeitszeichen gerade dieses heikel finden, ist nachvollziehbar, denn mit dem Finger zu ertasten, was da tief drinnen in einem los ist, kostet ein wenig Überwindung. Es dauert vielleicht ein paar Zyklen, bis Sie die Unterschiede in den Kategorien Festigkeit, Höhe und Öffnung des Muttermunds sicher erkennen können.
Je näher der Eisprung rückt, desto höher, weicher und offener wird der Muttermund. In der unfruchtbaren Phase ist er fest (ähnlich wie eine Nasenspitze). Erst kurz vor dem Eisprung wird er weich und nachgiebig wie Ihre Lippen. Bei sinkendem Östrogen- und rasch steigendem Progesteron-Spiegel sackt die Zervix danach abrupt nach unten. Mit dem sauberen Mittelfinger können Sie diesen feinen Unterschied gut ertasten.
Die Lage der Zervix ist ein optionales Fruchtbarkeitszeichen und äußerst hilfreich, wenn eines der primären Zeichen einmal unklar ist – aber verlassen sollten Sie sich nie allein auf dieses Zeichen. Deutliche Veränderungen sind vor allem um den Eisprung tastbar, wenn sich die Zervixlage jäh ändert.
Anleitung für die Zervixbeobachtung
Wenn Sie mit den Selbstuntersuchungen anfangen, hilft Ihnen vielleicht ein Trick, um die Grundlagen zu lernen: Tasten Sie erstmals nach dem Eisprung, wenn Ihr Muttermund weit unten hängt, denn dann spüren Sie ihn am leichtesten. Während der Lutealphase ist er meistens fest, niedrig und geschlossen.
Wenn Sie genau wissen, wie sich das anfühlt, gehen Sie wie folgt vor:
1. Untersuchen Sie Ihren Muttermund nach dem Ende der Menstruation mindestens einmal täglich.
2. Schneiden Sie Ihre Fingernägel kurz, und waschen Sie sich vor der Untersuchung immer die Hände mit Seife.
3. Halten Sie möglichst immer etwa die gleiche Tageszeit ein. Morgens oder abends gleich nach dem Duschen ist vermutlich der sinnvollste Zeitpunkt. Warten Sie nach dem Stuhlgang eine Weile, denn sonst könnten Bakterien in die Scheide gelangen und die Zervix öffnen. Untersuchen Sie auch nicht morgens früh als Erstes, weil es dann schwieriger ist.
4. Hocken Sie sich bei der Untersuchung am besten hin, weil die Portio sich dabei in Richtung Scheideneingang schiebt. Manche Frauen tun es lieber, während sie auf der Toilette sitzen, oder stützen einen Fuß auf den Badewannenrand. Entscheiden Sie sich für eine Haltung, und bleiben Sie dabei, denn sonst bekommen Sie unterschiedliche Ergebnisse.
5. Ihr Mittelfinger dient als Längenmaß. Stecken Sie den Finger in die Scheide. Beurteilen Sie folgende Aspekte entsprechend dem Merkwort SHOW:
- Soft (Weichheit; wie ist die Beschaffenheit?)
- Height (Höhe; niedrig/hoch?)
- Opening (Öffnung; geschlossen/offen?)
- Wetness (Feuchte; nichts/klebrig/cremig/eiklarartig?)
Die »Feuchte« ist eigentlich eine Qualität des Zervixsekrets und nicht des Muttermunds, aber wir schließen sie hier mit ein, weil Sie bei der Selbstuntersuchung automatisch die Beschaffenheit des Sekrets bemerken, wenn Sie den Finger aus der Scheide ziehen. Denken Sie daran, dass dort immer etwas Sekret ist, und mit etwas Übung erkennen Sie vermutlich die Unterschiede je nach Zyklusphase.
(Verwenden Sie aber das, was Ihren Finger beim Herausziehen bedeckt, auf keinen Fall als Hauptfaktor bei der Beurteilung des Zervixsekrets!)
6. Bei Frauen, die vaginal entbunden haben, ist der Muttermund etwas offen und fühlt sich eher oval als rund an, meist wie ein lang gestrecktes Grübchen.
7. Am besten beginnen Sie mit den Selbstuntersuchungen, wenn das »glitschige« Zervixsekret in den Tagen vor dem Eisprung zunimmt, und setzen die Untersuchung mindestens fort, bis Zervixsekret und Muttermund nach dem Eisprung unvermittelt zu ihrer »unfruchtbaren« Qualität zurückkehren. Mit der Zeit fällt es Ihnen leichter, diese Veränderungen zu erkennen.
8. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie feste Knubbel ertasten, die sich wie Sandkörner unter der Haut anfühlen. Es handelt sich um harmlose Nabothsche Zysten, die meist von allein wieder weggehen.
9. Natürlich dürfen Sie Ihre Zervixlage nicht untersuchen, falls Sie wunde Stellen an den Genitalien oder Scheideninfektionen haben.
10. Wenn Sie wissen, wie sich der Muttermund in den verschiedenen Phasen anfühlt, können Sie die täglichen Untersuchungen guten Gewissens pro Zyklus auf etwa eine Woche vom ersten Tag des »fruchtbaren« Zervixsekrets bis zum Temperaturanstieg beschränken.
11. Falls es für Sie einfacher, aber genauso aussagekräftig ist, nur ein oder zwei der Zervixmerkmale zu notieren, bleiben Sie dabei. Wenn Sie zum Beispiel nur schwer die Höhe beurteilen können, aber gut ertasten, ob die Zervix weich und offen ist, dann nehmen Sie nur diese beiden Faktoren.
Ist natürliche Verhütung für mich geeignet?
Das wesentliche Kriterium dafür, ob die natürliche Verhütung eine sinnvolle Alternative sein könnte, ist die Frau selbst, ihre Lebensführung, ihre Bereitschaft zu einer täglichen, regelmäßigen Temperaturmessung und ihre Bereitschaft, an fruchtbaren Tagen auf Sex zu verzichten oder konsequent Barrieremethoden zu verwenden.
„Die natürliche Verhütung ist am besten für Paare in einer Langzeitbeziehung geeignet, die sowieso irgendwann ein Kind wollen, und bei denen eine Schwangerschaft kein Drama ist“, betont Dr. med. Christian Albring. „Ansonsten sind die hormonellen Methoden wie Pille bzw. Pflaster oder Verhütungsring, Spirale, oder auch die Sterilisierung des Mannes die wesentlich zuverlässigeren Methoden.“
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Viele weitere Informationen zur weiblichen Fruchtbarkeit und den Methoden der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode sowie Tabellenvorlagen zur Dokumentation der Fruchtbarkeitszeichen finden sich in diesem Buch:
Familienplanung: Das Standardwerk zur natürlichen Empfängnisverhütung, Kontrolle der Fruchtbarkeit sowie Erfüllung des Kinderwunsches
von Toni Weschler | mvg Verlag