Umgang mit Trauer

Tod des Partners: Wie erzähle ich es den Kindern?

Wie trauernde Elternteile ihren Kindern den Tod des Partners vermitteln und ihnen zur Seite stehen können, erklärt die Systemische Familientherapeutin Marthe Kniep.

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Den Verlust eines geliebten Menschen zu verkraften gehört zu den Ereignissen im Leben, die uns am meisten erschüttern. Den eigenen Kindern von einem Verlust berichten zu müssen, der auch für sie schmerzlich ist, kann sich dann wie eine Aufgabe anfühlen, der man sich in den Stunden der eigenen Trauer überhaupt nicht gewachsen fühlt. Und dennoch ist es so wichtig, dass Kinder angemessen einbezogen werden.

Tod des Partners: Eigene Trauer zeigen

Die Nachricht über den Tod des Partners kann seelisch und körperlich wie ein Schock erlebt werden. Vor allem dann, wenn der geliebte Mensch durch Unfall oder Krankheit mitten aus dem Leben gerissen wurde. Doch auch wenn sich der Tod vorher abzeichnete – wenn es so weit ist, fühlt es sich für viele wie kaum zu verkraften an.

Da braucht man Zeit, um es selbst zu erfassen, und um wieder Augen für seine Mitmenschen zu haben. Doch oft lassen die Umstände nicht zu, dass man sich für eine Zeit zurückzieht. So bekommen Kinder oftmals die recht unmittelbare Reaktion des hinterbliebenen Elternteils auf die Todesnachricht mit, in der sie Mutter oder Vater auf eine Weise erleben, wie sie es vorher meist noch nicht gesehen haben.

In den Köpfen vieler Menschen gibt es dann die Vorstellung, dass man Kindern diesen Anblick ersparen sollte oder Eltern möglichst gefasst sein sollten, wenn sie mit den Kindern darüber sprechen. Doch heute wissen wir, dass es wichtig ist, Kinder auch an diesem Teil von Leben und Tod teilhaben zu lassen. Dass sie sehen, wie um jemanden geweint wird. Aber auch, wie gut es tut, dann nicht allein zu sein und dass man es zusammen bewältigen kann.

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Du bist nicht allein: Such dir Unterstützung

Den Partner zu verlieren, heißt immer auch, die Schulter zu verlieren, an die man sich sonst anlehnen konnte. Um nicht in einem Verlassenheitsgefühl zu versinken ist es hilfreich, nach Unterstützung für die Versorgung der Kinder zu schauen. Besonders beste Freunde können eine segensreiche Hilfe sein. Manchmal auch Oma und Opa, die oft schon selber Menschen betrauert haben und glaubhafte Beispiele dafür sein können, dass man es überstehen und trotz aller Trauer wieder Freude am Leben entwickeln kann.

Da viele Menschen jedoch etwas unsicher sind, wie sie Trauernden zur Seite stehen können, muss man manchmal ganz konkret fragen: „Kannst du kommen und dich um die Kinder kümmern. Ich schaffe es nicht allein.“ Denn natürlich ist es wichtig zu schauen, dass man trotz allem irgendwie für die Kinder da ist. Dazu muss man aber oft erstmal gut für sich selber sorgen. Sich zunächst bei der Arbeit abzumelden und auch so andere Dinge ruhen zu lassen, die nicht unbedingt sein müssen, entlastet von dem Gefühl, funktionieren zu müssen.

Auch gegenüber Kindern: Klare Sprache verwenden

Oft fragen Kinder schon beim Blick in Mutters oder Vaters betroffenes Gesicht: „Was ist los?“ Dann braucht es unmissverständliche Worte, an denen sich die Kinder orientieren können. Keine Verschleierung wie: „Euer Vater ist eingeschlafen.“ Oder: „Peter ist nicht mehr unter uns.“ Das kann verwirren und beängstigen. Kinder können mit direkter Sprache viel besser umgehen. Zum Beispiel: „Euer Papa hatte einen schweren Unfall und ist dabei so sehr verletzt worden, dass auch kein Arzt mehr helfen konnte. Deshalb ist er gestorben.“ Oder: „Ihr wisst ja, dass …sehr krank war. Und gestern war sein Körper so schwach, dass er letzte Nacht im Krankenhaus gestorben ist. Jetzt ist er tot und ich bin sehr traurig. Denn er fehlt mir jetzt schon…“  

Es ist hilfreich, wenn sich jetzt alle Zeit zugestehen, um die Reaktionen der Kinder mitzubekommen und auffangen zu können. Oft kommen die Gefühle der Trauer nicht plötzlich und heftig, sondern in Schüben und mit Verzögerung. So ist es auch mit den vielen Fragen der Kinder im Blick auf die Zukunft, die sie erst nach und nach aussprechen. Besonders vor dem Schlafengehen in den Tagen darauf. Deshalb ist es gut, wenn hier Kraft und Zeit eingeräumt werden, um dem Kind zur Seite zu stehen. Vielleicht auch jemanden einzubeziehen, dem die Kinder ebenfalls nahestehen, wie Oma und Opa, Onkel oder Tante oder die Mama der besten Freundin des Kindes.

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Dir und deinen Kindern: Alle Gefühle zugestehen

Es ist ganz unterschiedlich, wie Kinder auf so eine Nachricht reagieren. Manche sind zunächst gefasst, haben Fragen, sind verwirrt, was das jetzt bedeutet. Oft fragen sie sogar sehr pragmatische Fragen, wie zum Beispiel, wo sich jetzt der Körper befindet oder wer jetzt sein Arbeitszimmer bekommt. Manche reagieren sehr leise und zurückhaltend, aus anderen brechen die Tränen heraus oder sie schimpfen vor Wut darüber, dass der Verstorbene „einfach weg“ ist. Und wieder andere suchen erstmal Abstand und einen Ort, an dem sie die Nachricht ungestört an sich heranlassen können. Draußen, im Bett oder in ihrer Höhle, beim Geschwister oder Haustier. All diese Reaktionen sind normal und sollten nicht als „nicht richtig trauern“ fehlinterpretiert werden.

Was auch immer in dem Kind vorgeht, ist jetzt Teil seines ganz individuellen Bewältigungsversuches. Vielleicht geht es auch erstmal spielen oder malt ein Bild. Auch das ist normal. Kinder trauern oft anders als Eltern. Dass jeder anders mit einem Verlust umgeht, ist wichtig zu akzeptieren und ihnen zuzugestehen: „Wenn du spielen oder dich verabreden möchtest, ist das okay. Ich bin traurig und ich weiß, dass … dir auch fehlt. Und trotzdem ist es in Ordnung und gut, wenn du gleich mit deinen Freunden Spaß hast.“  

Wie sage ich es? Todesumstände nicht verschweigen

Viel öfter als wir es wahrhaben wollen, sterben Menschen durch Suizid. So gibt es beispielsweise depressive Elternteile, die keinen anderen Ausweg mehr aus der Krankheit und ihrem Leiden gesehen haben, als sich das Leben zu nehmen. Es teilen sich die Geister, ob Kinder das schon erfahren müssen.

Dabei haben Kinder so feine Antennen dafür, wenn etwas nicht stimmt, dass sie ohnehin oftmals gleich nachfragen: „Wie ist er den gestorben?“ Was, wenn wir dann nicht erzählen, wie es war? Sollte man sich dann etwas ausdenken, woran derjenige gestorben sein könnte? Und was, wenn das Kind es eines Tages doch erfährt? Ich halte es für problematischer, wenn Kinder das Gefühl haben, ein Elternteil hat sie angelogen, als wenn man sie einfühlsam an die Schattenseiten des Lebens heranführt. Auch diese Seiten gehören dazu. Werden Kinder einbezogen, können sie einen Umgang damit erlernen, der ihnen im Leben mehr hilft, als darüber zu schweigen und mit dem sie später anderen zu Seite stehen können.

Schon im Blick auf die Beerdigung, auf der andere den wahren Grund kennen, brauchen die eigenen Kinder das sichere Gefühl, dass Mama ihnen alles erzählt hat, was sie wissen müssen. Sie schnappen so viel auf. Da ist es besser, sie erfahren die Wahrheit von ihrer eigenen Mutter als vom Nachbarn.

Ich empfehle Eltern in dieser Situation dringend, sich von erfahrenen Trauerbegleitern unterstützen zu lassen. Denn hier gibt es nicht die eine richtige Art, es mitzuteilen. Es kommt sehr darauf an, wo das einzelne Kind in seiner Entwicklung steht und es von Schuldgefühlen zu entlasten, die manche Kinder verspüren. Dabei können sie nichts dafür! Das müssen sie von jemandem hören, dem sie glauben.

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Aufklären: Was passiert jetzt?

Die meisten Kinder haben viele Fragen dazu, wie es jetzt weitergeht. Kleine Fragen oft: „Kommt Papa zurück?“ Dann gibt ein klares „nein, leider nicht“ die nötige Orientierung. Aber auch Fragen dazu, wie der Alltag ohne den Verstorbenen aussehen wird, wie eine Beerdigung abläuft und wem man von seinen Gedanken und Gefühlen erzählen kann. Je genauer Kinder wissen, was auf sie zukommt, desto mehr Halt erleben sie.

Es gibt heute schon viele gute Bücher zum Thema Sterben, Tod, Beerdigung und darüber, was wohlmöglich nach dem Tod kommt. Einige empfehle ich am Ende. Sie sind eine wirkliche Hilfe für Groß und Klein, um Worte für das zu finden, was so schwer zu verstehen ist und noch lange Zeit braucht, bis es in das Leben intergiert werden kann. Doch mit der Beerdigung ist es ja nicht vorbei. Oft muss sich der Todestag wenigstens einmal jähren und auch damit ein Umgang gefunden werden, bis die Trauer in den Hintergrund treten darf. Und dennoch kann sie sich immer wieder zeigen.

Zur eigenen Unsicherheit stehen

So gern wir den Kindern die Welt erklären möchten, gibt es jedoch auch Fragen, auf die wir keine genaue Antwort wissen. Oder bei denen wir uns aus ganz unterschiedlichen Gründen schwertun, die Wahrheit zu sagen. Dann ist es legitim, sich etwas Zeit zu verschaffen, in dem man dem Kind erklärt: „Es fällt mir wirklich schwer im Moment, darüber zu sprechen und ich habe irgendwie noch keine Worte dafür. Ich brauche noch ein paar Tage, bis ich es dir erzählen kann. Bitte hab etwas Geduld.“ Oder: „Was nach dem Tod kommt? Ich stelle es mir so vor...Aber es gibt auch Menschen, die anders darüber denken. Was glaubst du?“  Aber auch: „Ich weiß noch nicht, wie alles weitergeht. Aber du musst dafür keine Lösung finden. Das ist meine Aufgabe. Wir haben Freunde und Familie, die uns helfen. Das werden wir irgendwie schaffen.“

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Kita und Schule informieren

Den Tod zu verschweigen hilft niemandem. Wenn über den Tod und den Verstorbenen gesprochen werden darf, kann außerdem viel leichter sein Andenken bewahrt werden. Und auch wenn der Tod des Partners auf gewisse Weise eine Familienangelegenheit ist, sollte die Kita oder Schule erfahren, dass das Kind eine der wichtigsten Bezugspersonen in seinem Leben verloren hat. Es hilft Kindern oft, ihnen anzukündigen: „Ich sage es morgen deiner Lehrerin. Dann weiß sie Bescheid. Und wenn du dann mal traurig bist oder weinen musst, kannst du zu ihr gehen und sie versteht dann, warum.“ Manche Kinder möchten es auch selber erzählen. Andere sind froh darum, wenn die Mutter bzw. der Vater es ihnen abnimmt. Oft haben Kinder dazu eine klare Vorstellung, wie es am besten für sie ist.    

Kinder kreativ einbeziehen

Viele Erwachsene kennen den Zustand, in dem man irgendetwas gegen die drückenden Gefühle der Trauer machen will, aber nicht weiß, was! So geht es auch manchmal den Kindern, wenn sie einen Menschen durch den Tod verlieren. Manche Kinder finden von selbst Wege, das Thema in sich zu bewegen. Sie malen Bilder für oder über den Verstorbenen, beziehen den Tod in Rollenspiele ein oder tun irgendwas, was ihnen guttut. Manche brauchen etwas Anregung dazu oder müssen erst erleben, dass sie auf kindliche Weise etwas beitragen können zu all den vielen Dingen, um die sich die Mutter oder der Vater jetzt kümmern müssen.

Viele Beerdigungsinstitute bestärken heute schon die Familien, ihre Kinder aktiv Anteil nehmen zu lassen. Manche bieten sogar Trauerbegleitung für Kinder an oder Trauergruppen, in denen Kinder erleben, dass sie nicht die einzigen sind, denen so etwas passiert und wo sie sich mit anderen Kindern austauschen können. Gemeinschaft trägt durch vieles durch, was allein als kaum zu bewältigen scheint.

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Weitere Tipps, die das Gespräch rund um alle mit dem Tod verbundenen Themen erleichtern

„Weil Du mir so fehlst“

Dieses Buch ist ein Schatz, der nicht nur wichtige Informationen darüber gibt, was in Menschen beim Trauern alles passieren kann. Es regt auch auf vielen Seiten dazu an, allen Gefühlen und Gedanken kreativ Ausdruck zu verleihen. Sehr liebevoll, sehr einfühlsam, sehr kindgerecht und auch für Große heilsam.

"Weil du mir so fehlst" von Ayse Bosse und Andreas Klammt kannst du zum Beispiel bei Amazon.de bestellen.

Buch: „Wieso, weshalb, warum? Abschied, Tod und Trauer“

Schon für Kitakinder ist dieses Buch der erfolgreichen Serie „Wieso, weshalb, warum?“ eine gute Wahl. Viele verschiedene Aspekte rund ums Thema werden ansprechend dargestellt und in sehr kindgerechten Worten formuliert. So regt es zum Austausch an und bringt manche Fragen und Gedanken zu Tage, die bisher noch im Kind geschlummert haben. Die Klappen machen neugierig darauf, noch mehr zu entdecken.

Das Buch „Wieso, weshalb, warum? Abschied, Tod und Trauer“ ist beispielsweise bei Amazon.de erhältlich.

„Wo die Toten zu Hause sind“

Ein wunderbar illustriertes Kinderbuch das die christliche Vorstellung von einem Leben nach dem Tod sehr kindgerecht umsetzt. Es stimmt fröhlich und zuversichtlich, wie hier die Erlösung der Toten von allen Leiden im Himmelreich thematisiert wird, ohne dabei „wie von der Kanzel“ zu klingen. Hilfreich sind auch die Informationen für Eltern trauernder Kinder im Anhang.

„Wo die Toten zu Hause sind“ von Christine Hubka kannst du zum Beispiel bei Amazon.de bestellen.

Spiel: Das Trauerland-Spiel. Trauern, erinnern, Leben (ab 6 Jahre)

Das Trauerland-Spiel ist für den Einsatz in der Psychotherapie und Pädagogik gestaltet worden. Doch auch innerhalb der Familie kann durch die anregenden Fragen und Impulse der Spielkärtchen ein hilfreicher Austausch entstehen, in dem nicht nur alles traurig sein muss. Die Familienmitglieder erfahren im Spielverlauf viel voneinander, worüber man ohne die Anregungen des Spieles entweder nicht laut nachdenken würde oder man sich noch nicht erlaubt hat, darüber mit den anderen Familienmitgliedern zu sprechen oder Fragen zu stellen.

Wer befürchtet, dass während des Spieles durchgehend geweint werden muss, wird überrascht sein, wie tragend es ist, wenn sich die Familie etwa eine Stunde Zeit nimmt und den Raum dafür öffnet, ganz bewusst über alles zu sprechen, was jeden Einzelnen seit dem Verlust beschäftigt. Natürlich rollen auch mal die Tränen. Aber auch das kann wertvoll sein, wenn dann alle liebevoll aufeinander eingehen und im Andenken an den Verstorbenen dennoch das Gefühl der Zusammengehörigkeit spüren. Die Eltern sollten jedoch bereits zu einer gewissen eigenen Stabilität zurückgefunden haben, wenn „Trauerland“ innerhalb der Familie gespielt wird.

Das Trauerland-Spiel ist beispielsweise bei Amazon.de erhältlich.

Autorin: Marthe Kniep

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