Untreuer Ehemann: Sieben Jahre nichts gemerkt
Jenny* (33) wurde von ihrem Mann betrogen
Jennys Ehemann betrog sie sieben Jahre lang mit einer ehemaligen Freundin. Die Affäre hat ihre Ehe wiederbelebt.
Nur durch Zufall kam Jenny dahinter, dass ihre frühere Freundin die Geliebte ihres Mannes war. "Vielleicht wollte ich es nicht wahrhaben", sagt sie selbstkritisch. Das Erstaunliche: Nach der Entdeckung kam es nicht zur Trennung ...
"Noch vor nicht allzu langer Zeit war ich mir sicher, ich habe ein erfülltes Leben. Ich war schon einige Jahre zufrieden vereiratet, hatte ein Haus mit Stall und Pferden. Und ich hätte gesagt, ich habe eine gute Ehe. Eine mit Höhen und Tiefen natürlich, aber im Großen und Ganzen war ich zufrieden. Und sogar glücklich.
Dann bekam mein Mann im Dezember vor zweieinhalb Jahren einen Herzinfarkt. Aus der Reha gab er mir seine Aktentasche mit nach Hause. Ich packte seine Sachen aus, auch eine Art Tagebuch und eine Weihnachtskarte. Darauf stand in einer Frauenhandschrift: "Ich freue mich auf die Zukunft mit dir, Melanie*."
Melanie, die bis vor ein paar Jahren meine Freundin war, schrieb meinem Mann! Der Boden unter mir wankte, ich las im Tagebuch weiter. Und dabei wurde mir klar: Sie, meine ehemalige Vertraute, ist die Geliebte meines Mannes. Die beiden haben seit sieben Jahren eine Affäre.
Für mich brach eine Welt zusammen
Ich rief ihn sofort an, und er hat es zugegeben. Ohne Umschweife, so, als wäre er irgendwie erleichtert, dass sein Geheimnis gelüftet war. Zuerst war ich wütend, dann habe ich nur geheult, tagelang war ich zu nichts fähig. Für mich brach eine Welt zusammen.
Dann wollte ich alles wissen. Ich habe angefangen, mit meinem Mann zu sprechen, noch während der Reha. Ich rief ihn auch nachts um 5 Uhr an, wenn ich nicht mehr schlafen konnte. Wir haben über Wochen jeden Tag mehrfach telefoniert, oft stundenlang. Er antwortet auf alle meine Fragen offen und ehrlich. Ich hätte gespürt, wenn er lügt, dann wäre sofort Schluss gewesen.
Aber so passten plötzlich Dinge zueinander, die ich lange nicht verstanden hatte. Wenn wir früher eine Krise hatten, weil er merkwürdig war oder innerlich weit weg zu sein schien, dachte ich, es liege an mir oder der Familie. Nun erkannte ich die wahren Hintergründe, Bilder fügten sich zusammen.
Ich hatte Angst, dass alles zusammenbricht
Rückblickend weiß ich, ich habe in all den Jahren weggeguckt. In meiner Welt gab es keine Untreue, und wenn es sie nicht gibt, sieht man sie auch nicht. Einmal, das muss am Anfang der Affäre gewesen sein, habe ich meinen Mann mal gefragt, ob er etwas mit meiner Freundin habe. Er hat Nein gesagt. Damals habe ich mich damit zufriedengegeben, heute würde ich nachhaken.
Mir gegenüber benahm Melanie sich zunehmend eigenartig. Wir trafen uns seltener, bald gar nicht mehr. Als mir später zugetragen wurde, das Auto meine Mannes habe vor ihrer Tür gestanden, meinte er, er habe ihre Waschmaschine repariert. Und ich dachte, ja, er ist eben ein hilfsbereiter Mensch. Er verhielt sich sehr geschickt. Morgens früh, wenn ich noch schlief, ging er zu ihr. Ein Nachbar erwähnte mal: "Ihr Mann geht aber früh arbeiten." Da habe ich nur genickt. Denn abends kam er pünktlich nach Hause. Er war sehr fürsorglich und für uns da, half mir auch mit den Pferden. Ich hatte also keinen Grund, mich zu beklagen.
Mein Mann hat so viele Hobbys. Bin ich ihm nicht mehr wichtig?
Klar wollte ich mich im ersten Moment scheiden lassen. Aber dann haben wir angefangen, ehrlich und schonungslos zu reden. Über die Nähe, die uns beiden in der Alltagsroutine abhanden gekommen war. Seine Offenheit hat mir viel bedeutet. Und mir wurde wieder bewusst, wie wertvoll er für mich ist. Dass er nicht nur mein erster, sondern auch mein bester Freund ist.
Melanie lebt jetzt wieder allein
Ich lebe jetzt allein in meiner Wohnung im Grünen. Mein Mann hat mit seiner Geliebten Schluss gemacht. Wir verabreden uns regelmäßig, und wir freuen uns aufeinander. Wir nähern uns auf eine ganz andere Art neu an. Ich kann ihm wieder vertrauen. Das ist schön. Aber es ist auch anstrengender als früher, weil wir viel mehr ausdiskutieren. Ehrlichkeit tut manchmal auch weh. Ich übe jetzt, nicht mehr wegzusehen.
Eigentlich sind wir jetzt an dem Punkt, an dem wir vor zehn Jahren hätten sein müssen. Aber damals war ich noch nicht so weit. Ich habe mich verändert. Wenn mir jemand früher meine Geschichte erzählt hätte, hätte ich gesagt, die ist verrückt. Dass sie sieben Jahre lang nicht bemerkt hat, dass ihr Mann sie betrügt, das gibt es doch gar nicht. Heute weiß ich, es gibt nichts, das es nicht gibt.
Warum ich sämtliche Anzeichen ignoriert habe? Vielleicht, weil ich Angst hatte, meine schöne heile Welt würde einfach aufhören zu existieren, wenn ich der Realität ins Auge blicken würde. Wie es weitergeht? Ich weiß es nicht. Manchmal träume ich davon, mit meinem Mann alt zu werden. Ich liebe ihn immer noch.
Vor allem aber merke ich, dass ich selbstbewusster und eigenständiger geworden bin, mich mehr traue und als Mensch sehr viel dazugelernt habe. Ich bin durch das Ganze gewachsen. Und ich bin gespannt, welche Chancen das Leben mir noch schenkt."
* Name geändert
Autor: Birgit Grigo