Wenn die Milchzähne ausfallen

Wackelzahnpubertät: Was hinter der 6-Jahres-Krise steckt und was hilft

Die Wackelzahnpubertät ist eine Herausforderung für Eltern und Kind. Wie sich die 6-Jahres-Krise äußert und was hilft.

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Es gibt wohl kaum einen Spruch, den Eltern von anderen Eltern häufiger hören (und sich regelmäßig selbst sagen), als diesen: "Das ist nur eine Phase." Meist steht dieser (zugegeben abgenutzte und doch wahre Satz) im Zusammenhang mit einem Kind, das schreit, sich auf den Boden wirft oder weint, uns plötzlich ganz doof findet und die Kinderzimmertür hinter sich zu knallt.

Als Eltern rutschen wir mit unserem Kind von einer Phase in die nächste Phase. Eine davon ist die Wackelzahnpubertät (übrigens kein wissenschaftlich anerkannter Begriff), die auch unter den Begriffen "6-Jahres-Krise", "Milchzahnpubertät" oder "Zahnlückenpubertät" bekannt ist.

Was hinter der Wackelzahnpubertät steckt, welche Anzeichen es gibt und wie du diese herausfordernde Zeit gemeinsam mit deinem Kind meistern kannst, erklären wir dir in diesem Artikel.

Wackelzahnpubertät: Was ist das und wann beginnt sie?

Die Wackelzahnpubertät beginnt meist im Alter zwischen fünf und sechs Jahren (im Vorschulalter), bei manchen Kindern auch erst mit sieben Jahren. In der Regel beginnt die 6-Jahres-Krise zu dem Zeitpunkt, wenn die ersten Milchzähne wackeln und die bleibenden Zähne durchbrechen.

Psychologisch betrachtet, ist die Wackelzahnpubertät eine Zeit des Umbruchs und eine Zeit intensiver Emotionen. Die Phase gilt als Entwicklungssprung in der körperlichen und geistigen Reife von Kindern und hat nichts mit hormonellen Veränderungen zu tun. Auch muss das Verhalten nicht zwangsweise mit den ausfallenden Zähnen in Verbindung stehen.

An diesen Symptomen erkennst du die Wackelzahnpubertät

Ihr streitet und diskutiert zu Hause viel, spätestens abends möchte dein Kind mit dir dann aber kuscheln? Was auch jenseits der Wackelzahnpubertät immer mal vorkommt, ist auch typisch für die "6-Jahres-Krise". Die kannst du laut der Viva Familienservice, die Beratungen für Familien anbietet, außerdem an diesen Anzeichen erkennen:

Anzeichen & Symptome der Wackelzahnpubertät
  • Körperliche Veränderungen und Wachstum (neue Proportionen) und die ersten Milchzähne fallen aus

  • Langanhaltende und heftige Wutanfälle

  • Stimmungsschwankungen und Gereiztheit

  • Wechsel zwischen starkem Nähebedürfnis und Ablehnung

  • Provokatives Verhalten und häufige Ablehnung der Eltern

  • Regressionsverhalten, wie das Verhalten eines Babys oder Kleinkinds

  • Allmachtsgefühle und Größenwahn

Wackelzahnpubertät verstehen: Was ist mit meinem Kind los?

Auf einmal redet dein Kind in Babyspache, um im nächsten Augenblick einen Wutanfall zu bekommen, weil es die Spielsachen aus dem Wohnzimmer räumen soll? Ständiges Ausdiskutieren gehört zum Alltag, genau wie ein "Ich habe dich so lieb" oder Aussagen wie: "Du bist eine doofe Mama!"?

Dieses Verhalten ist typisch für die Wackelzahnpubertät. Dennoch fragst du dich wahrscheinlich, warum sich dein Kind so ambivalent (und mitunter auch unausstehlich) verhält. "Die Kinder merken in dieser Phase, dass sie nicht mehr länger wie dies als Kleinkinder der Fall war, mit allen Unvollkommenheiten akzeptiert werden und unvoreingenommen ihre Welt erkunden dürfen", erklärt die Entwicklungspsychologin Brigitte Rollett im Zeit Magazin. "Darüber hinaus ängstigt es schlicht viele Kinder, ihre Zähne zu verlieren", so die Psychologin.

Das beudetet: Das Selbstbild deines Kindes wandelt sich und damit auch der Wunsch nach Autonomie. Dieser Schritt zu mehr Selbstständigkeit ist immer mit Konflikten verbunden, denn nur so kann sich dein Kind zu einer Persönlichkeit entwickeln, reifen und Kompetenzen erlernen.

Außerdem kommen viele Veränderungen zwischen fünf und sieben Jahren auf dein Kind zu, wie etwa die Vorschule und eine bevorstehende Einschulung. "Es werden viele Erwartungen an sie gestellt, wobei sie all das nicht richtig begreifen oder in Worte fassen können", erklärt Autorin Laura Fröhlich in ihrem Buch "Wackelzahnpubertät. Gelassen durch die 6-Jahres-Phase". Im Grunde reagiert dein Kind also mit individuellen Gefühlen auf die Veränderungen in seiner Welt.

So meisterst du die "6-Jahres-Krise" mit deinem Kind

Für dich als Mutter oder Vater kann diese Phase so herausfordernd sein und dir auch den letzten Rest Energie des Tages rauben, weil dein Kind trotz der scheinbaren Reife oft irrational handelt und intensive Emotionen erlebt. Experten raten zu Verständnis und Gelassenheit, was natürlich in der Realität nicht immer gelingt. Manchmal liegen die Nerven einfach blank. Das ist menschlich.

Ob Streit, Dikussionen oder Wutanfall: Mit diesen Tipps kannst du dein Kind durch die Wackelzahnpubertät begleiten:

Wie du mit der Wackelzahnpubertät umgehen kannst
  • Rede mit deinem Kind: Erkläre, warum die Milchzähne ausfallen und nehme dir Zeit für die Gedanken und Sorgen sowie Ängste deines Kindes.

  • Auf Augenhöhe sprechen: Dein Kind diskutiert, streitet und beharrt auf seiner Meinung, weil es gesehen und geachtet werden möchte und nicht, weil es dich absichtlich in den Wahnsinn treiben möchte. Dein Kind möchte Mitbestimmen und gehört werden. Hier ist deine Empathie gefragt.

  • Rollentausch: Es kann helfen, die Perspektive des Kindes einzunehmen (Stichwort Empathie). Frage dich, wie du behandelt werden möchtest, wenn dein Kind etwas einfordert oder sich weigert, etwas zu tun.

  • Grenzen setzen, aber nicht drohen: "Wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, gehen wir kein Eis essen". Sätze wie diese rutschen in der Not manchmal raus, sind aber nicht zielführend, weil du dein Kind bestrafst, wenn es etwas nicht macht oder etwas macht, was es nicht soll. Hinter dem scheinbar rebellischen Verhalten steckt ein Bedürfnis. Versuche dieses Bedürfnis durch Fragen herauszufinden und schließe einen Kompromiss mit deinem Kind.

  • Das eigene Verhalten hinterfragen: Kinder sind wie ein Spiegel unseres eigenen Verhaltens und ihr Verhalten triggert uns nicht selten. Etwa, weil sie eine Emotion hervorrufen, die uns wieder fünf Jahre alt sein lässt. Bei wiederkehrenden Streitthemen und Diskussionen im Alltag hilft es, diese aufzuschreiben und sich genauer anzusehen. Wie wirken die Sätze auf dich? Laura Fröhlich rät dazu, die Sätze umzuformulieren in "Ich-Botschaften" (statt "Du-Botschaften") und von den eigenen Gefühlen zu sprechen. "Auf diese Weise bezieht das Kind das Problem nicht auf sich als Person, sondern auf den Umstand."

  • Lösungen gemeinsam finden: "Frag dein Kind nach einer Lösung", empfiehlt Laura Fröhlich nach einem Streit. "Manchmal haben Kinder die spannendsten Ideen, und wenn sie merken, dass wir Großen bereit sind, uns auf ihre Sichtweise einzulassen, kann es mit der Versöhnung schneller gehen, als wir denken."

  • Lege eine Pause ein: Du bist zu müde, die Nerven liegen blank oder du hast einfache keine Lust auf die nächste Diskussion? Das ist völlig verständlich. Laura Fröhlich rät in ihrem Buch dazu, das dem eigenen Kind auch so zu kommunizieren: "Sag deinem Kind, wie du dich fühlst, und dass du gerade keinen Kopf für Diskussionen hast." Kinder in der Wackelzahnpubertät müssen lernen für ihre eigenen Bedürfnisse zu kämpfen, so Fröhlich. "Aber sie müssen auch lernen, die Bedürfnisse der anderen zu respektieren."

  • Diskussionen verschieben: Vor allem in Situationen, in denen ihr Zeitdruck habt, macht es wenig Sinn, auf z.B. ein sauberes Kinderzimmer zu beharren. Spreche das Thema (in diesem Fall Aufräumen) zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal an.

Wie lange dauert die 6-Jahres-Krise?

Wie viele andere Entwicklungsphasen, ist auch die Wackelzahnpubertät eine individuelle Phase. Die Dauer kann von Kind zu Kind unterschiedlich sein und lässt sich pauschal nicht beantworten. Sicher ist: Auch diese Phase wird irgendwann zu Ende sein und dein Kind wird mit dir an seiner Seite einen weiteren Meilenstein in seiner Entwicklung gemeistert haben.

Unterstützende Literatur findest du außerdem hier:

Quellen

  • "Wackelzahn-Pubertät. Gelassen durch die 6-Jahres-Phase. Der praktische Elternratgeber.", Laura Fröhlich, Humboldt Verlag. 208 Seiten.

Artikelbild und Social Media: iStock/mofles