Kritik zum Film

Warum Colleen Hoovers "It ends with us" keine Liebes-, sondern eine Überlebensstory ist

"Wunderschön" trifft es nicht ganz – was die Verfilmung des Bestsellers versäumt hat, erfährst du hier!

Blake Lively als Lily Bloom in It ends with us
Blake Lively als Lily Bloom im Film "Nur noch ein einziges Mal". Foto: Sony Pictures / 2024 CTMG, Inc. All Rights Reserved
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Ab dem 15. August startet der Film "Nur noch ein einziges Mal" ("It ends with us") in den deutschen Kinos. Dabei handelt es sich um die erste Buchverfilmung der Bestseller-Autorin Colleen Hoover. Ob die Filmadaption von Lily Blooms Geschichte gelungen ist und, ob sich der Kinobesuch wirklich lohnt, erfährst du hier!

**Achtung: Ab hier könnten Spoiler folgen**

"It ends with us": Warum ich das Buch kein zweites Mal lesen könnte

Etwas verspätet, nach dem BookTok-Hype von 2022, las ich "It ends with us" und dessen Fortsetzung "It begins with us" im letzten Sommer. Zu Beginn des Buchs wusste ich noch nicht genau, worauf ich mich eingelassen hatte und nach dem Lesen des Buchs war mir klar: "Das kann ich kein zweites Mal lesen". Colleen Hoovers Schreibstil bannte die Geschehnisse von Lilys Story so nachvollziehbar, detailreich und nahbar auf die Seiten, dass ich mich fühlte, als hätte ich es mit Lily erlebt. Es war einfach zu gut beschrieben, zu real, zu angsteinflößend. Als Frau hatte ich bei manchen Szenen wirklich Angst. Bevor ich den Film sah, war ich deshalb skeptisch, wie ich diesen finden würde.

Beim Film war mir Ryle von Anfang an unsympathisch, zu aufdringlich, quasi eine laufende "Redflag", was vermutlich an meinem Vorwissen lag, da ich das Buch ja gelesen hatte. Eine weitere Sache, die mir sofort bewusst war, ist, dass sich die wahre Lovestory des Films zwischen Lily und Atlas abspielt.

Und es kann sein, dass ich ein Jahr nach dem Lesen des Buchs etwas Abstand zur Thematik hatte oder, dass der Film mit schöneren Seiten überwiegt, aber den Film würde ich auch gerne ein zweites Mal sehen. Noch mehr würde ich mich allerdings über die Verfilmung des zweiten Buchs freuen.

Falls du neugierig geworden bist und die Bücher noch lesen möchtest, findest du diese hier:

Die Fans hatten ein Mitsprache-Recht, und das merkt man

Bei Buchverfilmungen sagt man meistens, dass der Film mit dem Buch nicht mithalten könne. Doch dieser Film steht dem Buch in nichts nach. Die Essenz des Buchs wurde detailgetreu umgesetzt. Lilys Geschichte zieht die Zuschauer*innen auch visuell sofort in ihren Bann. Manche Szenen waren so sogar noch eindringlicher als im Buch.

Dass der Film so nah am Buch geblieben ist, liegt unter anderem daran, dass die Leser*innen an der Umsetzung beteiligt wurden, verriet uns der Regisseur und Schauspieler Justin Baldoni im Interview: "Die Idee war, dass wir, wenn wir diesen Film zu Ehren der Fans machen, auch dafür sorgen sollten, dass sie ein Mitspracherecht haben.'" Deshalb veranstaltete Baldoni zusammen mit Colleen Hoover eine spezielle, erste Lesung des Drehbuchs, während der ausgewählte Fans Feedback zum Entwurf geben konnten: "Wir unterhielten uns, und sie waren sehr ehrlich über die Dinge, die ihnen gefielen, und die, die ihnen nicht gefielen", erzählte Baldoni, "Wenn es diesen Tag nicht gegeben hätte, wäre der Film wahrscheinlich nicht so geworden, wie er heute ist, weil wir so viel darüber gelernt haben, was die Fans erwarten und sich wünschen. Auf der Grundlage dieses Treffens haben wir eine Menge am Film geändert."

Häusliche Gewalt: Wäre hier nicht eine Triggerwarnung angebracht?

Viele bisher veröffentliche Kritiken beschreiben den Film sowie das Buch als wunderschön. Und das stört mich, denn das trifft es nicht ganz. Colleen Hoover schrieb ein sehr gutes Buch und die filmische Umsetzung von Baldoni und Lively kann damit ohne Zweifel mithalten, aber: Die Geschichte an sich ist nicht nur wunderschön. Das kann sie auch gar nicht sein, denn schließlich thematisiert sie sehr detailreich sowohl häusliche als auch sexualisierte Gewalt. Und diese Themen sind alles andere als "wunderschön". Weder das Buch oder der Film sind dadurch weniger gut, aber es wäre auch falsch die dramatischen Inhalte durch eine derart oberflächliche Beschreibung zu romantisieren.

Durch die wahnsinnig große, mediale Präsenz wird die Problematik der häuslichen und sexualisierten Gewalt einer großen Öffentlichkeit sehr nahe gebracht. Es bleibt nur zu hoffen, dass die gewonnene Aufmerksamkeit etwas verändern kann.

Denn alleine in Deutschland sind die Anzahl der Opfer von Partnerschaftsgewalt 2023 um 6,4 Prozent auf 167.865 Opfer weiter angestiegen, wie die Bundesministerinnen Nancy Faeser und Lisa Paus im Juni 2024 vorstellten. Weitere 88.411 Opfer waren von innerfamiliärer Gewalt betroffen. Die Zahlen häuslicher Gewalt insgesamt waren somit sogar noch höher. Und traurigerweise ist es nicht überraschend, dass die meisten Opfer (70,5 Prozent) Frauen und die meisten Tatverdächtigen (75,6 Prozent) Männer sind. Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" bietet Frauen unter der Nummer 116 016 rund um die Uhr kostenlose und anonyme Beratung in 19 Sprachen an.

Was mich beim Buch und Film gewundert hat ist, dass vorab keine Triggerwarnungen zu den genannten Themen gezeigt wurden, was heutzutage durchaus üblich ist. Es gab zwar einen Hinweis zu der NGO "No more", die Opfern häuslicher Gewalt hilft, aber erst nach den Credits. Und wenn man sich vorher nicht mit dem Film beschäftigt hat, kommt die Wandlung der Geschichte für manche vielleicht (im negativen Sinne) überraschend.

Baldoni: "Wie kann sie nur bleiben?" ist die falsche Frage

Beim Lesen des Buchs "Nur noch ein einziges Mal" verliebt man sich als Leser*in zunächst mit Lily in Ryle, fängt dann jedoch mehr und mehr an, ihn zu hassen. Und eine Frage stellt sich jede*r sofort: "Wie kannst sie nur bei ihm bleiben?!". Aber die Frage, die wir uns stellen sollten, ist: "Warum schlagen Männer Frauen und fügen ihnen Schaden zu?", erzählte Justin Baldoni bei CBS Mornings. Auf die Frage hin, was er sich von Männern, die den Film schauen, erhoffe, antwortete er: "Ich will, dass Männer sich gegenseitig zur Rechenschaft ziehen."

Liebe zum Detail: Meine favourite Easter Eggs

Wer den Film sieht, wird sich vielleicht im Nachhinein fragen, voran es liegt, dass die Sets so wahnsinnig authentisch geworden sind. Das war volle Absicht der Produktion, denn für "It ends with us" wurde kein Greenscreen genutzt und kein Set gebaut, sondern nur "echte" Locations genutzt.

Das bedeutete, dass auch ein echtes Dach für das erste Treffen von Lily und Ryle gefunden werden musste, sowie überzeugende Drehorte für die benachbarten Lofts von Ryle und Allysa. "Der Laden, Lily Bloom's, liegt an einer echten Straßenecke", sagte Baldoni. "Alles in ihrer Welt hat eine lebendige Atmosphäre, vermittelt ein Gefühl, dass es neu gestaltet wurde, weil Lily unerwartete Vorzüge und Schönheit in Dingen sieht, die eine gewisse Vorgeschichte haben. Ich hatte das Gefühl, dass alles, was zu konstruiert oder zu manipuliert wirkt, von der Handlung ablenken würde, also musste alles, vom Bühnenbild bis zur Musik, in diesem Licht betrachtet werden. Es durfte nicht perfekt aussehen, sondern sollte echt sein."

Lilys Style toppt jedoch die Locations. Als Kostümbildner arbeitete Eric Daman daran, Lilys Persönlichkeit in ihrem Kleidungsstil zu spiegeln: "Für Lily haben wir verschiedene Kleidungsstücke aus Vintage-Männerkleidung ausgewählt, die ihr eine harte, schützende Hülle verleihen sollen", sagt Daman. "Dann weichen diese weicheren, zarteren, mit Prints versehenen Seiden- und Chiffonschichten, wenn sie sich weiter öffnet und zulässt, dass sie sich in Ryle verliebt. Die Kleider schaffen dieses einzigartige, unerwartete Gleichgewicht zwischen Maskulinität und Weiblichkeit, wie ihr extrem glamouröses Rooftop-Kleid, das sie mit ihrem charakteristischen Mantel trägt. Sie reichen sogar bis ins Schlafzimmer, wo Lily Männerboxershorts mit Bustiers kombiniert. Ihr Stil ist so stark und einzigartig wie sie selbst."

Blake Lively verriet dazu in der Today-Show, dass sie im Film viele ihrer eigenen Kleidungsstücke trägt. Andere wiederum hat sie sich bei ihrem Ehemann Ryan Reynolds oder ihrer Freundin Gigi Hadid ausgeliehen.

Klare Empfehlung! Schaut euch den Film an, wenn …

… ihr das Thema der häuslichen und sexuellen Gewalt im Film händeln könnt. Denn Lilys (Überlebens-)Geschichte ist nicht nur schön. Sie ist auch angsteinflößend und schmerzhaft. Das hier ist keine Disney-Rom-Com. Es ist realer. Es könnte leider jede*m passieren, weil sich zu viele Männer falsch verhalten und es zu vielen Frauen wie Lily geht oder ging. Und deshalb lässt es einen nicht so schnell los.

Im Video erfährst du mehr zum Film "It ends with us" von Justin Baldoni, der nicht nur eine Hauptrolle spielte, sondern für die Verfilmung gleichzeitig Regie führte:

Video Platzhalter
Video: Junket Productions Inc / Xcel Production
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