Wieso ich trotz Liebe ständig an eine Trennung denke
Ich liebe meinen Partner und denke trotzdem immer wieder an eine Trennung. Ich stelle meine Beziehung, meine Ehe, immer wieder in Frage. Wieso? Wie wir uns von Idealbildern der Liebe täuschen lassen.
Wieso ich meine Beziehung immer wieder in Frage stelle
"Ich bin vergeben. Glücklich vergeben – und mittlerweile sogar verheiratet. Wie ich in die Ehe gerutscht bin und mein Partner mich tatsächlich seit mittlerweile fast zehn Jahren erträgt, ist mir manchmal ein Rätsel. Wir sind sehr unterschiedlich und das ist gut so. Denn wäre er nur ein Stück weit wie ich, wären wir wahrscheinlich nicht einmal verheiratet – oder hätten uns schon wieder geschieden.
Ich liebe meinen Partner und stelle trotzdem immer wieder alles in Frage. Wieso? Die Überschrift lässt vermuten, dass ich eine Antwort auf diese Frage habe, doch ich würde lügen, wenn dem so wäre – schließlich hätte ich das Problem dann längst selbst gelöst.
Sämtliche Liebesratgeber besagen, dass man seine Beziehung nicht in Frage stellt, wenn man seinen Partner aufrichtig liebt. Das stimmt nicht. Ich kann ehrlich sagen, dass ich meinen Ehemann aufrichtig und aus tiefstem Herzen liebe. Trotzdem denke ich immer wieder an eine Trennung.
Wenn mein Partner und ich uns streiten, dann richtig. Wir sind impulsiv, laut und manchmal – auch wenn ich das nur ungern zugebe – auch wirklich fies zueinander. Das scheint in den besten Ehen vorzukommen. So sieht das auch mein Mann.
Für ihn ist ein Streit ein Streit. Für mich ist ein Streit das Ende der Beziehung. Jedes Mal verwandle ich mich in eine hysterische Furie, die vollkommen überzeugt davon ist, dass das jetzt die Trennung bedeutet – endgültig und für immer, wir passen schließlich nicht zusammen. Eine Stunde später liege ich regelmäßig wieder im Arm meines Partners, dankbar und ungläubig, dass er mich trotz dieser Fehler noch immer liebt und zergehe vor Reue.
Wieso bin ich so? Wieso stelle ich immer wieder alles in Frage?
Wenn man sich ändern möchte, muss man wissen, woher das Problem eigentlich kommt. Ich kann nur spekulieren, was der Grund für mein Verhalten ist. Vielleicht glaube ich schlicht und einfach nicht an die Liebe. Vielleicht bin ich zu unsicher. Vielleicht ist es Selbstschutz.
Vielleicht haben Filme und Bücher mir über Jahre ein unrealistisches Idealbild einer Beziehung eingeflößt und ich bin noch immer nicht stark genug, mich davon zu lösen und mir ein eigenes Bild zu verschaffen. Vielleicht.
Der am wahrscheinlichsten erscheinende Grund ist wohl: Ich vergleiche zu sehr. Bei jedem Streit denke ich daran, dass meine beste Freundin sich tatsächlich noch nie gestritten hat – doch ist das wirklich das Idealbild? Ich beginne meine Ehe zu vergleichen und nehme andere Beziehungen als Messlatte, was von vornherein nur schlecht enden kann.
Gleichzeitig sehe ich immer wieder, wie Menschen in meinem Leben getrennte Wege gehen, von denen ich dachte, sie wären das perfekte Paar, - so dass ich selbst nur darauf warte, dass auch mich das gleiche Schicksal ereilt.
Eine Beziehung wird durch ihre Fehler perfekt
Ich kann also versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden, doch was ich eigentlich sagen möchte: Keine Beziehung ist fehlerlos. Und gerade das ist es, was sie wiederum perfekt macht.
Wir müssen uns von gesellschaftlichen Beziehungsbildern lösen, die besagen, dass man seine Liebe niemals in Frage stellen darf; die besagen, dass man niemals streiten darf; die besagen, dass man immer einer Meinung ist.
Jede Beziehung ist einzigartig. Und jede Beziehung hat ihre eigenen Baustellen, an denen man arbeiten muss."
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(ww4)