Wohnkostenzuschüsse falsch berechnet: Mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger?
Hartz-IV-Empfänger können zukünftig auf höhere Wohnkostenzuschüsse hoffen. Ein neues Urteil hat ergeben, dass sie bisher benachteiligt wurden.
Das Bundessozialgericht beanstandet die bisherige Praxis der Jobcenter. Das Gericht gab einem Paar aus Sachsen-Anhalt recht, das sich benachteiligt fühlte. Rechtsexperten werten das Urteil als Signal, dass Hartz-IV-Empfänger zukünftig höhere Wohnkostenzuschüsse bekommen könnten.
Zu geringe Zuschüsse für Hartz-IV-Empfänger
In insgesamt sechs Fällen hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden, dass vom Jobcenter zu wenig Wohnkostenzuschüsse gezahlt wurden. Die Wohnkostenzuschüsse hätten demnach höher ausfallen müssen und das schon seit dem Jahr 2012.
Ines Steinemann weiß nur zu gut, wie es ist, zu wenig Geld zum Wohnen vom Amt zu erhalten. Seit 2012 hatte das Jobcenter Quedlinburg immer wieder Zuschüsse zur Miete gekürzt. Steinemann ging zum Anwalt und klagte dagegen. Laut dem Jobcenter waren ihre Kaltmiete und ihre Nebenkosten 70 Euro zu hoch. Kosten, die Ines Steinemann zukünftig alleine tragen sollte. Hinzu kam dann noch eine Nebenkostenabrechnung in Höhe von mehreren Hundert Euro, die sie nicht stemmen konnte. Beim Amt hoffte sie auf Hilfe: "Ich hatte eine Ablehnung bekommen und habe dann meine Riesterrente gekündigt, damit ich das überhaupt zahlen kann", berichtet sie gegenüber dem MDR Sachsen-Anhalt.
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Mittlerweile hat Ines Steinemann beruflich wieder Fuß gefasst und konnte sich aus eigener Kraft aus der finanziellen Schieflage befreien. Vielen anderen geht es nicht so. Ihnen bleibt als Ausweg nur, Widerspruch einzureichen und ein Klageverfahren anzustreben.
Wie hoch die neuen Wohnkostenzuschüsse sind, ist noch offen
Die Berechnungsgrundlagen, die von einigen Jobcentern angewendet werden, um die Wohnkostenzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger zu ermitteln, sei laut den obersten Sozialrichtern in Kassel nicht zulässig. Bislang konnten die zuständigen Landkreise, ausgehend von den Durchschnittsmieten in der Region, teilweise selbst festlegen, was sie für "angemessen" hielten. Doch dieses Vorgehen müssen die Jobcenter genau begründen, was laut dem Bundessozialgericht nicht ausreichend getan wurde. Laut den Richtern mangelt es an einer "rechtfertigenden sachlichen Herleitung".
Mit dem neuen Urteil müssen die Jobcenter nun die Wohngeldzuschüsse neu berechnen. Wie viele Betroffene allerdings von dem Urteil des Sozialgerichts betroffen sind, ist noch offen.
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