Ständig Angst etwas zu verpassen? Stell dir diese Fragen, um einzuschätzen, ob du an FOMO leidest
Scrollst du nur oder hast du schon FOMO? Was die ständige Angst, etwas zu verpassen, mit deiner Psyche macht und wie du FOMO bei dir selbst erkennst, erklärt Dr. Torsten Grüttert im Experten-Interview.
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Instagram, TikTok, Snapchat, Facebook, ja sogar der WhatsApp-Status haben eins gemeinsam: Sie zeigen uns, was die Menschen in unserem Umfeld erleben. Eigentlich schön. Oder? Nicht, wenn aus dem genussvollen Teilhaben am Leben der anderen FOMO wird – also die ständige Angst davor, etwas zu verpassen.
Dr. Torsten Grüttert, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hat mit uns über die negativen Auswirkungen der Social-Media-Krankheit gesprochen. Außerdem erfährst du, wie du selbst testen kannst, ob du die sozialen Medien einfach nur gerne nutzt oder schon an FOMO leidest.
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FOMO: Was bedeutet das?
FOMO ist ein Akronym, das sich aus den Anfangsbuchstaben des Ausdrucks "Fear Of Missing Out" zusammensetzt. Gemeint ist die Angst davor, etwas zu verpassen – wie früher in der Schule, wenn man nicht auf DIE Party am Wochenende gehen durfte, weil die 6 in Mathe dann doch zu heftig war für die Eltern.
Heute läuft das anders: Man scrollt durch Instagram & Co. und sieht am wortwörtlich laufenden Band Bilder und Videos von glamourösen Partys, Wanderungen durch endlose Natur, Sport am Morgen. Videos von Luxusurlauben, dem perfektem Make-up, dem perfekten Date. Bilder von Spaß mit Freunden, der Familie, den Kindern… Während man diese Fotos anschaut, beschleicht einen das Gefühl, selbst nicht so ein tolles, so ein aktives, buntes und glückliches Leben zu führen. Mehr noch: Man verpasst all diese Events und Momente, die man auf Social Media sieht.
FOMO: Neue Dimension durch Social Media
"Die Angst, eventuell etwas zu verpassen und von den Erlebnissen der anderen ausgeschlossen zu sein, ist natürlich kein neues psychisches Phänomen", betont Dr. Grüttert im Wunderweib-Interview. Logisch, FOMO gab es schon lange vor Smartphones.
Allerdings ermöglichen es Instagram & Co., 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche zu sehen, was genau man alles verpasst. "Durch die sozialen Kanäle hat der Informationsaustausch in unserer schnelllebigen Zeit eine völlig neue Dimension angenommen. Praktisch rund um die Uhr kann ich zeitgleich am Leben von Freundinnen und Freunden, Verwandten, Bekannten, aber auch von Promis teilnehmen." Dadurch kann die Angst, etwas zu verpassen, so groß werden, dass daraus ein übermächtiger Druck entsteht.
FOMO-Symptome: Wie äußert sich die Angst, etwas zu verpassen?
FOMO macht sich laut Dr. Torsten Grüttert auf unterschiedliche Arten bemerkbar. Einige Symptome der Social-Media-Krankheit beziehen sich auf das Verhalten, andere auf das Selbstwertgefühl.
Zu den wichtigsten FOMO-Symptomen gehören:
Der ständige Drang, Social Media zu checken bzw. selbst zu posten
Unruhe
Konzentrationsmangel
Schlafstörungen
Selbstzweifel
Unzufriedenheit/Frust
Gereiztheit/Nervosität
Neid auf andere
Stresssymptome und körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Herzrasen
Depressive Verstimmungen bzw. Depressionen
Schwere und Verlauf der Krankheit sind individuell. Nicht alle Betroffenen weisen die gleichen Symptome in der gleichen Reihenfolge und Intensität auf.
FOMO-Selbst-Test: Stell dir diese 5 Fragen
"Im Grunde genommen ist FOMO ein nachvollziehbares menschliches Verhalten. Wir alle möchten zu einer Gruppe gehören und Gemeinsames erleben. Dabei haben wir Angst davor, ausgeschlossen zu werden, nicht dazu zu gehören", betont der Experte im Interview mit uns. Trotzdem sollten vor allem Menschen, die ihr Handy oft in der Hand haben, das eigene Verhalten immer mal wieder hinterfragen.
Folgende Fragen helfen dir dabei, dein FOMO-Risiko besser einzuschätzen:
Hast du ständig das Gefühl, etwas zu versäumen?
Denkst du nach einem von dir ausgesuchten Event oft, dass du doch besser woanders hingegangen wärst?
Drehen sich deine Gedanken sehr häufig darum, möglichst bald wieder deine Erlebnisse mit anderen teilen zu können?
Beeinflusst dein Social-Media-Verhalten Beruf und Privatleben negativ?
Treten Symptome wie Konzentrationsmangel, Frustration oder Nervosität ungewohnt häufig auf?
FOMO ja oder nein: Wie viel Social Media ist unbedenklich?
Mit Blick auf Kinder wird oft und ausführlich darüber gesprochen, wie viel Bildschirmzeit sie maximal vertragen. Als Faustregel gilt: Kids unter fünf Jahren nicht länger als 30 Minuten, von fünf bis 12 Jahren etwa eine Stunde und ab 12 Jahren rund 2,5 Stunden pro Tag.
Und Erwachsene? "Wie viele Stunden Social Media täglich bei Erwachsenen noch verträglich sind bzw. ab wann das psychische Wohlbefinden leidet, ist pauschal nicht zu beantworten" erklärt Dr. Grüttert. "Studien legen jedoch nahe, dass mit steigender Dauer täglicher Social-Media-Nutzung auch das Risiko ernsthafter Beschwerden, wie etwa der Entstehung einer Depression wächst."
Der Fachmann rät auch Erwachsenen zu zeitlichen Limits, die dabei helfen, sich nicht in den sozialen Medien zu verlieren. "Überprüfen Sie doch selbst einmal, wie viele Stunden Sie täglich wirklich online sind. Das Ergebnis wird manchen überraschen und eventuell zum achtsameren Medien-Umgang motivieren."
FOMO vorbeugen: Regelmäßig offline gehen
Einfach nicht hinschauen ist im Allgemeinen ein schlechter Rat. In Sachen FOMO aber hilft es tatsächlich. Ein paar kleine Tricks helfen dabei:
Stelle dein Handy so ein, dass es sich abends automatisch lautlos stellt
Schalte die Benachrichtigungen von Instagram & Co. aus
Stelle Chat-Gruppen auf lautlos
Verschiebe alle Social-Media-Apps von deinem Homebildschirm auf einen eigenen Screen
Lass dein Handy in der Mittagspause/nach Feierabend/am Sonntag einfach in einem anderen Raum liegen, wo du es nicht sehen kannst
"Empfehlenswert sind zudem feste Auszeiten, in denen die sozialen Kanäle respektive bestimmte Apps konsequent offline sind", ergänzt Dr. Grüttert. "Nutzen Sie diese freie Zeit für sich selbst und Ihre Bedürfnisse."
Viele Menschen sind überrascht, wie schwer es ihnen fällt, das Handy einfach außer Acht zu lassen. Hier gilt: Übung macht die/den Meister*in. "Zu lernen, wieder für gewisse Zeiten ohne Smartphone oder Laptop auszukommen, ist einer der wichtigsten Therapieschritte und eine bewährte Präventiv-Maßnahme", betont Dr. Grüttert.
Unser Experte
Dr. Torsten Grüttert ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Chefarzt der Privatklinik Duisburg.
Wer den Eindruck hat, dass die eigene FOMO überhandnimmt, findet erste Hilfe bei Selbsthilfegruppen. Suchtberatungsstellen bieten seriöse Ansprechpartner*innen und können auch bei einem bloßen Verdacht aufgesucht werden. Die bislang größte Adress-Datenbank für Hilfsangebote bei Internetsucht in Deutschland findest du unter "Erstehilfe-internetsucht.de" unter dem Reiter "Hilfsangebote finden".
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Artikelbild & Social Media: iStock/recep-bg
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