Klimakatastrophe

Meeresströmungen könnten für 30 Grad Temperaturabfall in Europa sorgen

Der Kollaps wichtiger Meeresströmungen würde Europa hart treffen – mit nicht umkehrbaren Temperaturstürzen.

Kalte Waldlandschaft, karg und düster
Foto: Robert Nieznanski/iStock
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Eine neue Studie aus den Niederlanden brachte alarmierende Ergebnisse. Demnach droht der Zusammenbruch wichtiger atlantischer Meeresströmungen, was das Wetter weltweit grundlegend verändern würde. Vor allem Europa – und damit auch Deutschland – müsste mit Temperaturabfällen im zweistelligen Bereich rechnen. Ein Szenario, das "keine realistischen Anpassungsmaßnahmen" zuließe, wie die Forschenden betonten.

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Kollaps der Meeresströmungen: 30 Grad Temperaturabfall in Europa

Gegenstand der Studie ist die Atlantic Meridional Overturning Circulation, kurz AMOC. Auf Deutsch wird dieses System von Meeresströmungen "atlantische meridionale Umwälzzirkulation" genannt. Auch der Golfstrom gehört dazu.

Die Forscher*innen der niederländischen Universität Utrecht schlagen nun Alarm. Sie haben in einem komplexen Klimamodell berechnet, dass die AMOC dem Kollaps immer näher kommt. Anders als bei vorangegangenen Studien basieren die aktuellen Klimamodelle auf der Rechenleistung des niederländischen Supercomputers Snellius – ihre Ergebnisse werden in der Fachwelt also in gleichen Teilen als technisch präzise wie besorgniserregend betrachtet.

Bricht die atlantische Umwälzzirkulation zusammen, gehört das milde Klima in Europa der Vergangenheit an. Temperaturstürze um mehr als 3°C pro Jahrzehnt wären die Folge. Das Modell berechnete für London etwa eine durchschnittliche Abkühlung um 10°C und Bergen um 15°C. In anderen Teilen Europas wären Temperaturabfälle um bis zu 30 °C möglich.

Temperatursturz in Europa: Nicht ausgleichbar

Vor allem die kurze Zeitspanne, in der der Temperaturabfall eintreten würde, ist ein Horrorszenario.

"Im Vergleich zum heutigen Trend der globalen mittleren Oberflächentemperatur (aufgrund des Klimawandels) von etwa 0,2 Grad pro Jahrzehnt können keine realistischen Anpassungsmaßnahmen mit derart schnellen Temperaturänderungen umgehen", lautete das Fazit der niederländischen Forscher*innen.

Was haben die AMOC und der Klimawandel miteinander zu tun?

Stark vereinfacht bezeichnen Wissenschaftler*innen weltweit die AMOC als Klimaanlage Europas. Verschiedene Meeresströmungen transportieren Wärme, Nährstoffe und Salz um den Globus. Die warmen Strömungen im Atlantik sorgen für das milde Klima in Europa.

Man kann sich das Ganze als Förderband, angetrieben durch eine Tiefenkonvektion, unter dem Meeresspiegel vorstellen. Dabei fließt warmes und salzhaltiges Wasser an der Meeresoberfläche von Süden nach Norden. Auf seinem Weg kühlt es ab, wird dichter und sinkt dadurch in tiefere Ozeanschichten. Entlang des Meeresbodens wird es zurück in den Süden gespült.

Der Klimawandel stört dieses empfindliche System. Wetterphänomene wie ein vermehrter Niederschlag oder das Schmelzen des grönländischen Eisschildes bringen mehr Süßwasser mit sich. Salzgehalt und Wasserdichte im Meer sinken, sodass weniger Oberflächenwasser in die Tiefe absinkt. Das wiederum schwächt die AMOC-Zirkulation.

Wann kippt die atlantische Umwälzzirkulation?

Forschende sind sich noch uneins darüber, wann die AMOC kippt, also zum Erliegen kommt. Auch die niederländischen Wissenschaftler*innen konnten diese Frage nicht beantworten, da "zu wenig Daten" vorlägen, um eine genaue zeitliche Aussage zu treffen.

"Wir können nur sagen, dass wir uns auf den Kipp-Punkt zubewegen und dass ein Kippen der AMOC möglich ist", betonte Studienautor René van Westen von der Universität Utrecht. Bisher hatte man angenommen, dass "das AMOC-Kippverhalten nur ein theoretisches Konzept ist". Nun scheint festzustehen, dass der Kollaps der AMOC realistisch ist.

Meeresströmungen vor dem Kollaps: Beängstigend, aber nicht neu

Seit Jahrzehnten weisen Forschende aus aller Welt mit Nachdruck darauf hin, dass die AMOC nicht nur zentral für das milde Klima in Europa ist, sondern auch extrem gefährdet. 2021 beispielsweise schlug Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Alarm. Seine Studie hatte ergeben, dass die AMOC vor einer kritischen Schwelle steht, "jenseits derer das Zirkulationssystem zusammenbrechen könnte". Auch er betonte die verheerenden Auswirkungen auf Europa.

René van Westen und seine Kolleg*innen weisen in ihrer Studie, die im Fachmagazin "Science" erschienen ist, darauf hin, dass der drohende Schaden nicht umkehrbar ist. "Sobald die Zirkulation im Atlantischen Ozean zusammenbricht, sind die daraus resultierenden Klimaauswirkungen im Rahmen menschlicher Zeitskalen fast irreversibel."

Der Streit um den Klimawandel nimmt immer wieder gefährliche Ausmaße an. Klimaaktivist Hannes Jaenicke erhält sogar Morddrohungen! Mehr dazu im Video.

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Artikelbild & Social Media: Robert Nieznanski/iStock