Trennung mit Kind: Hilfe und Kraft für plötzlich alleinerziehende Mütter
Trennung mit Kind: Alleinerziehende Mütter, die trotz und mit Kind verlassen wurden, stellen sich oft die quälende Frage: Wie konnte ich so blind sein, mit diesem Mann eine Familie gründen zu wollen? Was jetzt hilft: Die Diplom-Pädagogin und Systemische Familientherapeutin Marthe Kniep gibt Antworten und erklärt, worauf es jetzt für Sie und die Kinder ankommt.
Trennung mit Kind: Wie plötzlich alleinerziehende Mütter sich quälen
#RegrettingRelationship: Wie konnte ich so blind sein, mit diesem Mann eine Familie gründen zu wollen?
Sie hatten es sich so schön vorgestellt!? Und nun stehen Sie vor den Scherben Ihrer zerbrochenen Beziehung und fragen sich: Hätte ich es wissen müssen? Habe ich mich so getäuscht? Diese Gedanken sind menschlich und verständlich. Doch als Selbstvorwurf bringen sie nicht weiter. Denn in die Kugel gucken kann leider niemand! Deshalb sind Vorhersagen kaum möglich, wie sich jemand als Vater oder Mutter entwickeln wird.
Und leider zerbricht die Liebe dann manchmal wirklich, obwohl genau das anfangs unvorstellbar war und es gemeinsame Kinder gibt. Für diese Brüche gibt es nicht den einen Grund. Doch es gibt einige Fallen, in die viele Paare tappen. Und zwar vor allem nach der Familiengründung.
Plötzlich alleinerziehend: Verstehen, was passiert ist
Oft ist es so: Bevor die Kinder da sind, kann vieles von dem gut kompensiert werden, was in einer Beziehung nicht ganz rund läuft. Kommt Nachwuchs ins Spiel, wird die Energie beider Partner von mehr Menschen angezapft, oft wird das Fell dünner und die Eskalationsgefahr steigt.
Außerdem verändert sich der Fokus der Partner: Nicht mehr das Paar ist das Zentrum des Geschehens, sondern die „Aufzucht und Pflege“ der Kleinen wird zentrales Thema des Alltags. Das strapaziert manche romantische Liebe und nicht alle Paare kriegen rechtzeitig die Kurve, um sich als Liebende nicht aus den Augen zu verlieren.
Weil es vielen so geht, ist dieses Thema ein sehr häufiges Motiv für Paare in der Krise, sich an einen Familientherapeuten zu wenden.
Rollenkonflikte erkennen
Oft wird unterschätzt, wie Elternschaft auf jeden Einzelnen wirkt und was sie mit dem Paar macht. Dazu gibt es im Vorfeld meist viele rosige Fantasien. Ist das Baby da, erkennen jedoch manche sich oder den Partner nicht wieder. Und zwar nicht nur, weil das Kind plötzlich das Zentrum der Welt zu sein scheint oder er vielleicht auch unerwartet überfordert ist. Sondern vor allem, weil durch Elternschaft verstärkt alte Konflikte mit eigenen Lebensthemen und den eigenen Eltern hochkommen und in die Beziehung hineinwirken.
Die zunehmende Präsenz von Omas und Opas, die ihr Enkelkind sehen möchten und öfter als gewollt auf der Matte stehen, kann diese Entwicklung noch verstärken. Aber die beiden müssen nicht vor Ort sein, um bei den frischgebackenen Eltern zum Beispiel Rollenkonflikte auszulösen oder krasse Unterschiede im vermeintlich richtigen Umgang mit Kindern deutlich zu machen.
Beide Eltern kommen nun mal aus unterschiedlichen Familiensystemen. Und durch ein Kind fallen noch mehr Felder auf, in denen es schwerfällt, Kompromisse zu entwickeln und zusammen zu halten.
Selbstvorwürfe loslassen
Vielleicht hätten Sie einiges vorhersehen können. Vor allen Dingen mit dem Wissen von heute. Aber genau das ist der Punkt: Damals haben sie es nicht gesehen, nicht sehen wollen oder auch nicht ahnen können, wohin sich alles entwickelt. Möglicherweise hatten Sie „so ein Gefühl“, sind dem aber nicht gefolgt. Heute stehen Sie an einem anderen Punkt und haben sich weiterentwickelt.
Vielleicht würden Sie es heute anders machen. Aber Ihren Kindern hilft es nicht, wenn Sie jetzt im Bedauern oder Bereuen stecken bleiben. Ihr Nachwuchs ist immerhin wunderbar geworden, auch wenn Sie mit dem Vater der Kinder nicht mehr zusammen sind.
Und die Kinder brauchen jetzt eine Mutter, die sich nicht als Gescheiterte wahrnimmt, sondern immer noch als liebende Mutter, die alles so gut meistert, wie sie kann. Wie vorher auch! Und die Kinder brauchen Eltern, die damit beginnen, die neue Realität anzunehmen, die sich respektvoll behandeln und das Beste aus der Situation machen.
Hilfe für Alleinerziehende: Sich anderen anvertrauen
Sie müssen da nicht allein durch! Deshalb ist zu Anfang vor allem wichtig, dass Sie mit Ihrer Not nicht allein bleiben und sich und Ihre Gefühle ausgewählten Personen anvertrauen. Das hilft, um schnellstmöglich wieder nach vorn schauen zu können und Unterstützungsangebote auszumachen.
- Wer sich als Vertrauensperson und Unterstützer besonders gut eignet, kann ganz unterschiedlich sein. Hilfreiche Impulse geben oft Menschen, die einen schon eine Weile kennen: ein guter Freund, eine Freundin, gern auch die Friseurin und vor allem andere alleinerziehende Frauen aus ihrem Umfeld. Aber auch ältere Frauen und Männer mit viel Lebenserfahrung in Sachen Trennung geben ihre oft hilfreichen oder entlastenden Erfahrungen gern weiter.
- Außerdem gibt es Gruppen für Alleinerziehende Mütter, in denen Austausch und gegenseitige Unterstützung im Mittelpunkt stehen. Wenn Sie noch keine kennen, schauen Sie im Internet nach oder besuchen Sie eine Mutter-Kind-Kur. Dort gibt es viele Frauen in ähnlichen Situationen, die mal eine Auszeit und Austausch brauchen.
Sich professionelle Hilfe holen
Scheuen Sie auch nicht vor professioneller Hilfe zurück. Denn manchmal kann mit Hilfe eines neutralen Dritten eine endgültige Trennung abgewendet werden oder zumindest eine Trennung in Würde gestaltet werden.
Ein Familientherapeut oder eine Paar- oder Erziehungsberatungsstelle bieten professionelle Hilfe an. In einer Therapie und Beratung ist dann Raum, sich Zeit zu nehmen für die eigenen Gefühle, um die Gedanken zu ordnen und nach Lösungen zu suchen, die zur Familie passen.
Eine Familientherapie- oder Beratung kann Sie darin unterstützen, trotz Ihrer eigenen Sorgen auch die Gefühle der Kinder gut im Blick zu behalten und sie so weit es geht aufzufangen. Es kann sehr entlastend für alle sein, wenn in einer Familiensitzung in Ruhe darüber gesprochen wird, wer jetzt was braucht, um alles durchzustehen.
Im Alltag kommen solche Gespräche oft zu kurz oder man fürchtet, keine Lösungen parat zu haben. Ein Therapeut kann hier ein hilfreicher Moderator sein.
Auch für die Zukunft macht eine gute Selbstreflektion mit professioneller Hilfe Sinn. Denn wer sich in einer Therapie damit beschäftigt, welche jeweiligen Konflikte zur Trennung beigetragen haben, läuft weniger Gefahr, dass sich dasselbe Dilemma mit einem neuen Partner wiederholt.
Gut für sich selber sorgen
Wenn zu Anfang der Schmerz und die Einsamkeit noch besonders groß sind, ist es vor allem wichtig, dass Sie als Mutter gut für sich sorgen. Erlauben Sie sich, dass nicht alles perfekt läuft. Dass Sie die Kinder zum Übernachten bei Freunden verabreden, auch wenn Sie gerade wegen fehlender Kraft kein Gegenangebot machen können.
Spielen Sie mit offenen Karten, sagen Sie, wie es Ihnen geht und lernen Sie, um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen. Das fällt vielen schwer. Doch wem hier Stolz und Scham im Weg stehen, der macht sich das Leben unnötig schwer.
Sie müssen jetzt den Kopf auf den Schultern behalten. Das ist wichtig. Denn ohne Sie läuft es nicht.
Doch weil das wirklich nicht leicht ist, finden sich viele Alleinerziehende aus Überforderung oder Einsamkeit in Depressionen wieder oder fangen an zu trinken. Lassen Sie es nicht so weit kommen und holen Sie sich vorher Hilfe.
Um gesund zu bleiben, brauchen Sie Freiräume zum Denken und erholen. Und auch, um sich mal wieder als Frau zu spüren. Das ist wichtig, damit Sie sich anschließend kraftvoller Ihrem wunderbaren wenn auch anstrengenden Nachwuchs zuwenden können. Und nicht zu vergessen: Mit dessen Vater klarkommen.
Kontakt zum Vater der Kinder gut gestalten
Selbst wenn Sie die Beziehung nicht mehr „retten“ konnten, ist es ratsam, sich Hilfe zu holen. Denn Sie bleiben als Eltern miteinander verbunden und ihre Kinder brauchen beide Elternteile. Und zwar auch dann, wenn Sie den Vater in Sachen Erziehung für nicht besonders geeignet halten.
Natürlich gibt es Ausnahmen, wo der Kontakt zwischen Vater und Kindern belastet ist und deswegen ein (unbegleiteter) Kontakt nicht gut wäre. Zum Beispiel wenn der Vater zuvor gewalttätig geworden ist oder sich wegen einer schwer körperlichen oder psychischen Erkrankung nicht umfassend um die Kinder kümmern kann.
Trotzdem ist es wichtig für die Kinder, dass die Mutter den Vater weiter als Vater akzeptiert und ihnen eine Beziehung zu ihm ermöglicht, solange von ihm keine Gefahr ausgeht. Sind sie am Wochenende bei ihrem Vater, vermissen Sie die Kinder sicher. Es kann aber auch eine Entlastung sein, die Sie gut brauchen können.
Wichtig ist auch, den Vater nicht vor den Kindern schlecht zu machen oder ihn als den Schuldigen an der Trennung anzuprangern. Das ist unfair, selbst, wenn er fremdgegangen ist. Und die Leidenden in dieser Schlammschlacht wären vor allem die Kinder.
Doch die Kinder dürfen ihren Vater weiter liebhaben, auch wenn Sie ihn als Frau ganz anders sehen. Schimpfen Sie über ihn, wenn Sie mit ihren Freundinnen allein sind oder beim Therapeuten. Aber ersparen Sie es ihren Kindern, so schwer es auch gerade zu sein scheint.
Übrigens kann manchmal (nicht nur in hochstrittigen Fällen) auch das Jugendamt Hilfen für Familien anbieten, damit Kinder so wenig wie möglich unter einer Trennung leiden müssen und Mütter die Erziehung der Kinder auch alleinerziehend bewältigen können.
Warnzeichen, dass er nicht der Richtige für Familie ist?
Falls Sie eines Tages wieder offen für einen neuen Partner sind, gehen Sie es langsam an und schauen Sie in Ruhe, wen Sie da ins Visier genommen haben. Denn es soll sich ja nicht alles wiederholen.
Das Problem ist nämlich: Verliebtheit macht einen oft blind für erste Warnzeichen, dass er doch nicht der Traumprinz ist. Und nicht selten ist dann schon ein Baby unterwegs, wenn alles aus Leidenschaft ganz schnell ging. Dann ist das Erwachen aus der Verliebtheit oft ein kleiner bis größerer Realitätsschock. Deshalb macht es Sinn, Familienplanung nicht zu überstürzen, um zunächst zu zweit die ersten Alltags-Belastungsproben zu meistern.
Diese Zeit ermöglicht auch, mit dem Partner über die jeweiligen Wünsche und Befürchtungen in Sachen Elternschaft zu sprechen. In der Verliebtheit gehen Partner sonst hormongeschwängert davon aus, dass er bestimmt so denkt und fühlt wie sie. Aber nicht selten gibt es hier doch große Diskrepanzen. Darüber zu sprechen und sich diesen unterschiedlichen Vorstellungen zu stellen, kann vieles abwenden.
Aber oft läuft das Leben eben anders. Und manche Kinder wollen einfach auf die Welt, ohne dass vorher alles gut überlegt werden konnte. Und die Kinder können nichts dafür, wo sie hineingeboren werden.
Machen Sie das Beste daraus. Alles richtig machen kann sowieso niemand. Wenn Sie es machen, so gut Sie können, haben Sie viel gegeben.
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