Menstruationszyklus

Zyklusorientierte Ernährung: Eine Expertin verrät, warum es sinnvoll ist

Frances Weber weiß, wann wir welche Nahrungsmittel brauchen oder weglassen sollten. Erfahre hier mehr!

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Vielleicht trackst du deinen Menstruationszyklus bereits und fragst dich, wie du besser auf deinen Körper eingehen kannst. Vielleicht bist schonmal hier und da über die Begriffe "zyklusorientiertes Training" oder "zyklusangepasste Ernährung" gestolpert und hast dich gefragt, was es damit auf sich hat und wie sinnvoll das Ganze sein kann. Und auch wenn du gerade das erste Mal davon hören solltest, bist du hier genau richtig.

Die Sport- und Ernährungswissenschaftlerin Frances Elisa Weber schrieb sogar ein Buch zum Thema und beantwortet dir hier im Interview alle Fragen rund um die zyklusorientierte Ernährung. Und so viel vorweg: Ja, es ist sinnvoll!

Zyklusorientierte Ernährung: Warum ist es sinnvoll die eigene Ernährung an die Zyklusphasen anzupassen?

Frances Elisa Weber: Der Hauptgrund dafür ist der, dass sich der Nährstoffbedarf aufgrund der hormonellen Schwankungen im Zyklusverlauf verändert.

Wie definierst du die zyklusorientierte Ernährung?

Frances Elisa Weber: Dabei handelt es sich um nährstoffgerechte Anpassungen an die verschiedenen Zyklusphasen von menstruierenden Personen. 

Und für wen kommt das in Frage? 

Frances Elisa Weber: Für alle Personen, die nicht hormonell verhüten und sich nach ihrer ersten Periodenblutung und vor der Menopause befinden. Bei Frauen, die hormonell verhüten, sehen die hormonellen Schwankungen ganz anders aus bzw. sind diese weniger vorhanden.

Welche Auswirkungen haben die Hormone in welcher Zyklusphase auf unseren Körper?  

Frances Elisa Weber: Fangen wir an mit der Menstruationsphase. Weil wir zu dieser Zeit wenig Östrogen und Progesteron produzieren, wird die Phase auch als Niedrighormonphase betitelt. Fun Fact: Während der Periode ähnelt der weibliche Hormonhaushalt dem der Männer am meisten. 

Dann steigt der Östrogenspiegel langsam an und erreicht seinen Höhepunkt zur Ovulation, also zum Eisprung. Nach dem Eisprung wird dann auch Progesteron, das Schwangerschaftshormon, produziert. Das Östrogen sinkt dann zunächst ab, steigt danach aber wieder langsam an. Diese Zyklusphase, also der Zeitraum nach dem Eisprung bis zum Einsetzen der Periode, wird auch als Hochhormonphase bezeichnet, während der das Progesteron das dominierende Hormon ist. Diese fallen zum Einsetzen der Periode dann wieder rapide ab. Es ist also eine richtige Achterbahnfahrt, was hormonell passiert. 

Die 4 Phasen des weiblichen Zyklus sind die Menstruations-, Follikel-, Ovulations- und Lutealphase.
Die vier Phasen des weiblichen Zyklus sind die Menstruations-, Follikel-, Ovulations- und Lutealphase. Foto: Wunderweib.de / Lena Matrosova

Mehr Infos zu den 4 Phasen des Menstruationszyklus, verrät dir eine Expertin hier:

Ernährungstipps: Was ist in welcher Zyklusphase jeweils am wichtigsten?

Ernährungstipps für die Menstruationsphase:

Frances Elisa Weber: Starten wir wieder mit der Menstruationsphase. Dabei bluten wir und verlieren Eisen, das wichtig für unseren Energiehaushalt und für viele andere Faktoren im Körper ist. Daher macht es Sinn, während der Periode besonders auf eisenreiche Lebensmittel zu achten, um den Verlust wieder auszugleichen. Alternativ ginge dies auch durch Tabletten, wie Nahrungsergänzungsmittel. Man muss aber auch sagen, dass manche das zusätzlich zugeführte Eisen durch eine Darmstörung gar nicht aufnehmen können.

Es gibt aber auch verschiedene Lebensmittel wie Kaffee, schwarzen oder grünen Tee oder sehr kalziumreiche Produkte, die die Aufnahme hemmen. Darum ist mein Tipp dann einfach immer eine halbe Stunde zwischen Kaffeekonsum und Eiseneinnahme zu warten. Vitamin C unterstützt hingegen wieder die Aufnahme von Eisen.

Auch wichtig zu wissen:

  • Es lohnt sich in der Menstruationsphase auf entzündungsfördernde Produkte zu verzichten, wie zum Beispiel Lebensmittel mit hohem Zuckergehalt, gesättigte Fette oder Transfette, also die schlechten Fette, die eben auch Entzündungen fördern. Denn durch diese können sich Periodenkrämpfe verstärken.

  • Um dem entgegenzuwirken, kann man aber antientzündliche Lebensmittel einbauen. Das sind zum Beispiel Lebensmittel mit Omega-3-Fettsäuren, die in fettreichem Fisch und Leinsamen vorkommen. Auch Ingwer wirkt antientzündlich. Einige Studien haben belegt, dass dieser bei Regelschmerzen lindernd wirkt. Magnesium hat eine krampflösende Wirkung.

  • Und was Blähungen und Verdauungsbeschwerden während der Menstruationsphase betrifft, ist es angenehmer, auf leicht verdauliche Lebensmittel, wie gekochtes Gemüse, Reis oder Bananen, zu setzen. Da dann unser ganzer Magen-Darm-Trakt empfindlicher ist, weil sich Progesteron auch auf den Darm auswirkt.

Ein Beispiel für eine ausgewogene Mahlzeit: ein Quinoa-Salat mit Gemüse, Tofu, einem Dressing auf Olivenölbasis und ein Topping mit Kürbiskernen (vgl. Frances Weber, "Eine Frage der Phase", S. 99 f.).

Eine Frau ist einen Salat (Themenbild)
Mit den passend ausgewählten Lebensmitteln kannst du deinen Körper in jeder Zyklusphase unterstützen. (Themenbild) Foto: AdobeStock / Halfpoint

Ernährungstipps für die Follikelphase:

Wenn wir jetzt weiter zur Follikel- und der Ovulationsphase kommen, steigt der Östrogenspiegel. Es gibt verschiedene Mikronährstoffe, die die Östrogenbildung fördern. Das sind zum Beispiel Vitamin A, das in Kürbis oder Karotten vorkommt, oder auch Zink, was die Funktion der Eierstöcke unterstützt. Und ansonsten ist es gerade in der Follikelphase wichtig, dass man auf komplexe Kohlenhydrate achtet und gute Fette und Proteine zu sich nimmt. 

  • Wähle hier (mehrfach) ungesättigte Fette aus Quellen wie Avocados, Nüssen, Samen und fettem Fisch.

  • Hochwertige Proteinquellen findest du in magerem Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten sowie in pflanzlichen Alternativen wie Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen (vgl. Frances Weber, "Eine Frage der Phase", S. 99 ff.).

Ernährungstipps für die Ovulationsphase:

Die Ovulationsphase, also der Eisprung, umfasst eine kurze Zeit. Ich finde es dann immer Quatsch, zu sagen, dass man wegen dieser zwei Tage nun genau das und das zu sich nehmen muss. Studien haben aber gezeigt, dass Folat, was aus der Gruppe der B-Vitamine kommt, die Zellteilung unterstützt. Dabei geht es aber eher darum, einen Mangel zu vermeiden. Folat ist glücklicherweise in einer Vielzahl von Lebensmitteln enthalten, was es uns leicht macht, unsere tägliche Dosis zu erreichen. Zu den besten Quellen gehören beispielsweise Weizenkeime, Sojabohnen, grünes Blattgemüse wie Spinat und Salat, Bohnen, Tomaten, Roggenvollkornmehl, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Eier und Kartoffeln (vgl. Frances Weber, "Eine Frage der Phase", S. 99 ff.).

Genauso wie beim Vitamin D. Das ist aber nicht nur während der Ovulation wichtig, sondern über den gesamten Zyklus hinweg. Denn es hat sich auch gezeigt hat, dass es bei einem Mangel an Vitamin D zu Fruchtbarkeitsproblemen kommen kann. Außerdem wirkt sich Vitamin D positiv auf die Hormonproduktion aus.

Ernährungstipps für die Lutealphase:

Dann wird es jetzt noch mal spannend bei der Lutealphase: Es wissen nämlich viele Frauen nicht, dass der Grundumsatz unseres Körpers nach dem Eisprung steigt, weil unsere Stoffwechselrate um bis zu zehn Prozent ansteigt. Das bedeutet, dass wir täglich rund 200 bis 300 Kalorien mehr zu uns nehmen sollten. Es kommt dabei aber auch immer auf unseren individuellen Stoffwechsel an und darauf, wie hoch unser Grundumsatz ist – also die Energiemenge, die täglich gebraucht wird, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten.

Es wird dann empfohlen, auf die Zufuhr von komplexen Kohlenhydraten und ausreichend Proteine zu achten. 200 Kalorien sind aber auch nicht wahnsinnig viel. Wir passen unser Essverhalten dann meistens sowieso schon intuitiv an, weil wir mehr Hunger haben und eine höhere Stoffwechselrate. Wir nehmen dann einfach eine etwas größere Portion oder mal eine Banane mehr zu uns. Außerdem haben wir einen erhöhten Flüssigkeits- und Elektrolyte-Bedarf. Das kann gerade bei Sportlerinnen sehr entscheidend und leistungsdeterminierend sein.

Auch wichtig zu wissen:

  • Der Blutzuckerspiegel ist in der zweiten Zyklusphase nicht so konstant wie in der ersten. Darum sollte man schwarzen Kaffee auf leeren Magen vermeiden. Denn das führt zu Blutzuckerschwankungen, zum erhöhten Cortisol-Anstieg und stört die Hormonbalance.

  • Und genauso wie auch in der Menstruationsphase sollte man jetzt explizit drauf achten, entzündungsfördernde Lebensmittel, wie schlechte Fette, Frittiertes, Fast Food, Lebensmittel mit einem hohen Zuckergehalt, wegzulassen, weil diese die Hormonbalance stören und zum prämenstruellen Syndrom (PMS) führen können.

  • Dann gibt es noch weitere spezielle Mikronährstoffe, bei denen man einen Mangel vermeiden sollte: Zink unterstützt das Immunsystem, Vitamin E fördert die Umwandlung zu Progesteron. Aber diese deckt man eigentlich schon durch die tägliche Ernährung ab.

Und was mir noch wichtig ist zu sagen ist, dass diese zyklusbasierte Ernährung vor allem ein Feinschliff ist. Man sollte sich in jeder Zyklusphase hormongerecht ernähren. Und das gelingt, wenn man regionale und saisonale Produkte zu sich nimmt. Denn wichtig zu wissen ist, dass Pestizide und Umweltgifte sich negativ auf die Hormonbalance auswirken und oftmals zu einer Östrogen-Dominanz führen, die weitere Probleme mit sich bringt.

Eine an den Menstruationszyklus angepasste Ernährung kann sich positiv auswirken. (Themenbild)
Eine an den Menstruationszyklus angepasste Ernährung kann sich positiv auf den weiblichen Hormonhaushalt auswirken. (Themenbild) Foto: AdobeStock / Mikhaylovskiy

Regelschmerzen, PMS, PCOS oder Endometriose: Gibt es diesbezüglich genauere Ernährungstipps?

Frances Elisa Weber: Je nach Zyklusstörung ist es wieder unterschiedlich. Bei PCOS und Endometriose ist die effektivste Therapie die Anpassung des Lebensstils mit regelmäßiger Bewegung und einer gesunden Ernährung. Dazu zählen auch entzündungsfördernde Lebensmittel, Alkohol und Tabakkonsum wegzulassen.

Dann zum Thema Amenorrhoe, dem Ausbleiben der Periode: das hat oftmals mit einer zu geringen Kalorienaufnahme zu tun. Da geht es um die Erhöhung der Kohlenhydrate. Das ist in dem Fall essenziell für die sportliche Leistung und die Gesundheit. 

Zyklusstörungen wie PMS treten vor allem auf, wenn wir empfindlich auf diese hormonellen Schwankungen reagieren oder diese hormonellen Schwankungen sich nicht in ihrer richtigen Balance befinden. Wenn wir zum Beispiel einen Überschuss an Östrogenen haben oder zu wenig Progesteron produzieren.  

Auch wichtig zu wissen:

  • Ein Spezialtipp sind die B-Vitamine, die eine zyklusregulierende Funktion haben, vor allem Vitamin B6.

  • Das Nahrungsergänzungsmittel Mönchspfeffer sollte man nicht unbedingt blind supplementieren. Lasse das am besten vorher gynäkologisch abklären, weil es den Prolaktin-Spiegel beeinflusst.

  • Und ein weiterer Tipp: Wenn man starke Periodenkrämpfe hat, ist es ratsam, mal den eigenen Vitamin-D-Status oder den Eisenhaushalt überprüfen zu lassen. In manchen Fällen ist es auch sinnvoll, den Darm untersuchen zu lassen, um zu schauen, ob der Körper die Nährstoffe aus Ernährung und Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt richtig aufnehmen kann.

Wie gelingt es am einfachsten deine Ernährungstipps im Alltag zu integrieren? 

Frances Elisa Weber: Ich weiß, dass ich selbst keinen Eisenmangel habe, achte aber zum Beispiel in der Menstruationsphase darauf, eisenreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte oder Nüsse zu integrieren. Und ich reguliere auch viel mit Samen, Kernen, Nüssen und Obst. Weizenkleie oder auch Sesam haben zum Beispiel sehr viel Eiweiß und die integriere ich dann in mein Müsli.

Letztendlich esse ich in jeder Zyklusphase relativ gleich und achte zum Beispiel auf alle Mikronährstoffe in jeder Zyklusphase. Ich achte immer darauf, ausreichend Flüssigkeit zu mir zu nehmen, mache Elektrolyte-Pulver in mein Sportgetränk, nehme Algenöl-Kapseln ein.

Mein Tipp wäre, sich das Ganze ein bisschen bewusster zu machen, damit es zur Gewohnheit wird.

In der Lutealphase achte ich vor allem darauf, regelmäßige Mahlzeiten zu mir zu nehmen, nicht zu viel Kaffee zu trinken (vor allem nicht nüchtern auf leeren Magen am Morgen) und keine entzündungsfördernden Lebensmittel zu essen. Seitdem habe ich auch keine Heißhungerattacken mehr. Und wenn man doch Appetit auf Süßes hat, empfehle ich, eher auf dunkle Schokolade, Datteln oder Obst zurückzugreifen.

Unsere Expertin

Frances Elisa Weber ist Sport- und Ernährungswissenschaftlerin.
Frances Elisa Weber ist Sport- und Ernährungswissenschaftlerin und Autorin. Foto: Frances Weber / FEMNETIC

Frances Elisa Weber ist Sport-& Ernährungswissenschaftlerin, Female Health Coachin, Ernährungsberaterin beim Olympiastützpunkt und die Autorin von dem erst vor Kurzem erschienenen Buch: "Eine Frage der Phase. Warum Frauen anders Sport treiben sollten als Männer." Sie ist außerdem eine der Gründerinnen von FEMNETIC – einer Online-Akademie, die sich speziell auf die weibliche Physiologie und Anatomie im Sport- und Gesundheitsbereich spezialisiert hat.

FEMNETIC bietet die erste staatlich zertifizierte Online-Ausbildung zum Female Health Coach an und gewann 2024 den Preis für das beste Studienangebot des Jahres. In ihrem Angebot findet sich zum Beispiel auch der Gesundheitskurs "My Happy Cycle".

Frances' Mission ist es, den Gender Gap in der Sportwelt weiter zu schließen, indem sie wissenschaftlich fundiertes Wissen zugänglich macht und so die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Frauen fördert.

Mehr Infos und Tipps rund um eine zyklusangepasste Ernährung und leckere Rezepte findest du in diesen Büchern:

Quellen

  • Frances Elisa Weber: Eine Frage der Phase. Komplett-Media GmbH: 1. Auflage (2024). 232 Seiten.