Kann jede Frau wieder zur Jungfrau werden? Alle Mythen und Fakten rund ums Jungfernhäutchen
Das Jungfernhäutchen oder Hymen ist ein Teil des weiblichen Körpers um den viele Irrtümer kreisen. Was du wissen musst.
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- Gibt es das Jungfernhäutchen wirklich und hat es jede Frau?
- Was ist das Jungfernhäutchen und was hat es für einen Sinn?
- Wo befindet sich das Hymen?
- Wie sieht das Hymen aus?
- Wann reißt das Jungfernhäutchen?
- Kann das Jungfernhäutchen wieder zusammen wachsen?
- Wiederherstellung des Jungfernhäutchens: Geht das?
- Was hat das „Jungfernhäutchen“ tatsächlich mit Jungfräulichkeit zu tun?
- Kann das Jungfernhäutchen Probleme verursachen?
- Quellen & Lesetipps
Das Jungfernhäutchen einer Frau ist ein Teil ihres Körpers, der von vielen Mythen und Irrtümern umgeben ist. Die meisten Männer und Frauen glauben, dass es sich dabei um ein geschlossenes Häutchen handelt, das beim ersten sexuellen Kontakt durchstoßen wird, wodurch es zu einer Blutung kommt. Doch das ist nicht der Fall! Erfahre, was jede Frau zu ihrem Hymen wissen sollte.
Gibt es das Jungfernhäutchen wirklich und hat es jede Frau?
Bis heute hält sich die Vorstellung von einem "Jungfernhäutchen", das wie eine geschlossene, folienartige Hautbarriere die innere von der äußeren Vagina trennt. Erst durch das erste "Durchstoßen", durch sexuelle Penetration reißt es, was zu Blutungen führt, so der Irrglaube.
Diese Vorstellung ist definitiv falsch. Denn Tatsache ist, dass das Jungfernhäutchen oder medizinisch Hymen (griech. Membran) auch schon vor dem ersten Mal Sex eine oder mehrere Öffnungen hat. Das merkst du schon daran, dass Menstruationsblut abfließen muss. Das Hymen kann also nicht geschlossen sein. Welche sechs überraschenden Fakten du zum Intimbereich der Frau du noch wissen solltest, erfährst du übrigens hier.
In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Jungfernhäutchen nicht um eine geschlossene Haut handelt, die beim ersten Sex durchstoßen wird, ist der Zustand des Hymens ebenfalls nicht ausschlaggebend für die Frage, ob eine Frau noch Jungfrau ist.
Das Hymen kann durch die natürlicherweise vorhandenen Öffnungen auch dann zerrissen aussehen, wenn die Frau noch nie Sex hatte. Umgekehrt ist ein unverletzter Hymen auch kein Beweis für die Jungfräulichkeit der Frau.
Da der Begriff Jungfernhäutchen aber genau das vermuten lässt: Dass nur Jungfrauen ein Jungfernhäutchen haben, gibt es das Jungfernhäutchen in diesem Sinne nicht.
Aus diesen Gründen entschied sich Schweden im Jahr 2009 den überholten und irreführenden Begriff Jungfernhäutchen durch die Bezeichnung vaginale Korona (dt.Scheidenkranz) zu ersetzen.
Was ist das Jungfernhäutchen und was hat es für einen Sinn?
Medizinisch gesehen ist das Hymen oder die vaginale Korona eine weiche, elastische Schleimhautfalte, die die Öffnung der Vagina wie ein rosa Kranz umgibt. Dieser Kranz kann bei jeder Frau ganz unterschiedlich aussehen. So wie ja auch jeder einzelne Mensch ganz individuelle körperliche Merkmale hat.
Das Hymen hat eine oder sogar mehrere kleine Öffnungen, durch die unter anderem das Menstruationsblut abfließen kann.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Hymen die Vagina vor dem Eindringen von Bakterien schützen soll. Diese Annahme ist allerdings nicht belegt. Wie die Gynäkologin Dr. med. Sheila de Liz gegenüber dem Magazin Stern erklärt, sei das Hymen lediglich "ein Überbleibsel der Entwicklung der Geschlechtsorgane", ein Überbleibsel aus der Embryonalzeit also.
Wo befindet sich das Hymen?
Das Hymen befindet sich etwa zwei bis fünf Zentimeter hinter dem Scheideneingang, je nach Körperbau der Frau.
Wie sieht das Hymen aus?
Die gekräuselte Haut des Jungfernhäutchens erinnert an eine zarte Rose. Oft wird es auch anhand eines Scrunchies, ein elastisches, weiches Haargummi, das sich zusammenziehen und wieder weiten kann veranschaulicht.
Form und Farbe variieren von Frau zu Frau. Das Hymen ist sehr elastisch und kann weit gedehnt werden, sei es beim Sex oder bei einer Geburt. In seltenen Fällen fehlt das Hymen.
Noch seltener verschließt das Hymen die Öffnung der Vagina allerdings so stark, dass eine Ärztin oder ein Arzt es operativ weiten muss, damit das Menstruationsblut abfließen oder ein Tampon eingeführt werden kann. Mediziner sprechen dann von Hymenalatresie.
Wann reißt das Jungfernhäutchen?
Ganz grundsätzlich kann das Jungfernhäutchen bzw. die Schleimhautfalten verletzt werden. Wie jedes Körperteil. So zum Beispiel auch bei einer natürlichen Geburt, bei der Verwendung von Sexspielzeug oder beim Geschlechtsverkehr.
Das erste Mal muss nicht weh tun!
Wie es sich anfühlt, wenn das Jungfernhäutchen das erste Mal gedehnt wird – ob beim ersten Einführen eines Tampons oder aber beim ersten Eindringen eines Penis in die Vagina – ist bei jeder Frau sehr unterschiedlich. Manche Frauen verspüren dabei überhaupt keinen Schmerz, andere empfinden das erste Weiten als sehr unangenehm. Wenn die Falten des Hymen das erste Mal geweitet werden, kann es zudem zu kleinen Blutungen kommen. Das muss aber nicht passieren. Etwa 50 % der Frauen bluten nicht beim ersten Geschlechtsverkehr.
Damit eine Frau vaginale Penetration genießen kann, muss die Vagina und somit auch das Jungfernhäutchen feucht sein. Wenn eine Frau große Schwierigkeiten damit hat, genug Feuchtigkeit zu entwickeln, kann es zu Verletzungen führen.
Dann kann der Einsatz von etwas Gleitmittel sehr hilfreich sein. Gerade beim ersten Mal Sex kann es sein, dass die Frau zu nervös ist, um feucht genug zu sein. Auch darum kommt es dann eher zu Blutungen. Diese Verletzungen heilen dann aber relativ schnell.
Vergleichen lässt sich dies mit der Mundschleimhaut, die sich nach Verletzungen ebenfalls schnell wieder regeneriert. (Hälterlein u. Franz, S. 8)
Lies hier mehr: Lubrikation: Was Frauen brauchen, um feucht zu werden
Kann das auch beim Sport passieren?
Bei sportlichen Aktivitäten passt sich das dehnbare Hymen im Normalfall den Bewegungen an.
Kann das Jungfernhäutchen wieder zusammen wachsen?
Frauen, die selten oder lange keinen Sex hatten brauchen unter Umständen länger um feucht zu werden, was zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen kann. Das hat jedoch nichts mit einem zugewachsenen Jungfernhäutchen zu tun.
An sich verändert sich sowohl die Form als auch die Beschaffenheit des Jungfernhäutchens im Laufe des Lebens. Bis zum neunten Lebensjahr haben Kinder eine hormonelle Ruheperiode. (Hälterlein u. Franz, S.6) Mit Beginn der Pubertät wird das Hymen von dem Hormon Östrogen beeinflusst. Es wird weicher, rosiger und faltiger.
Ab dann unterliegt es einem ständigen Anpassungsprozess. Das Jungfernhäutchen bzw. die Schleimhautfalten verändern sich, verschwinden aber nie. (Hälterlein u. Franz, S. 6)
Wiederherstellung des Jungfernhäutchens: Geht das?
In vielen Kulturkreisen ist es bis heute wichtig, dass Frauen ohne jegliche sexuelle Erfahrungen eine Ehe eingehen.
Die Hymenrekonstruktion ist eher in patriarchalisch geprägten Ländern gefragt und ein Zeichen für ein Frauenbild, das alles andere als wertschätzend und selbstbestimmt ist. Einige Frauen, die schon Sex hatten und sich unter Druck fühlen, dieser Auflage zu entsprechen, wollen ihr Hymen deshalb "wiederherstellen" lassen.
In Anbetracht dessen, dass das Hymen zwar verschiedene Formen haben, aber nie "intakt" bzw. nur in den seltensten Fällen verschlossen ist und daran nicht erkennbar ist, ob jemand schon sexuell aktiv war, ist der Sinn einer solchen Operation mindestens anzuzweifeln. Und doch wird der Eingriff praktiziert.
Mit einigen Fäden ist es möglich das Hymen so zusammen zu nähen, dass eine Blutung bei der nächsten Penetration wahrscheinlicher wird. Allerdings ist dieser operative Eingriff keine Garantie dafür.
Laut einer Studie kommt es trotz des schmerzhaften Eingriffs bei nur 2 von 19 Operierten zu Blutungen. (Hälterlein u. Franz, S.38)
Eine solche Hymenrekonstruktion kostet etwa 500 bis 4.000 Euro. Die Operation wird in der Regel ambulant durchgeführt und dauert circa 20 bis 60 Minuten.
Dennoch ziehen viele eine solche OP in Betracht. Vor allem aus Angst und als letzte Rettung vor den Konsequenzen in Folge einer möglicherweise "nicht bestandenen" Hochzeitsnacht. (Hälterlein u. Franz, S.38)
Übrigens: Frauen, die aus anderen Gründen mit dem Aussehen oder der Größe ihrer Vagina-Öffnung unzufrieden sind, sollten mit einem Frauenarzt ihres Vertrauens sprechen. Die Fachleute erklären, welche Optionen es jenseits der Hymenrekonstruktion zur Lösung dieser Problematik gibt.
Oftmals ist es schon hilfreich, das Selbstvertrauen zu stärken und so die Zweifel zum Aussehen ihres Körpers oder eventuelle Schuldgefühle bezüglich des Sexlebens zu nehmen.
Vaginalstraffung: Was ist eine Scheidenverengung und wann ist sie sinnvoll?
Was hat das „Jungfernhäutchen“ tatsächlich mit Jungfräulichkeit zu tun?
Dass man am Jungfernhäutchen erkennen kann, ob du Sex hattest oder eben nicht, ist ein Mythos. Ob der Penis eines Mannes oder die Vagina einer Frau, niemand kann einem Körper ansehen, ob der Mensch schon einmal Sex hatte.
Im Klartext: Kein Sexual-Partner kann deiner Vagina eindeutig ansehen, ob du schon mal Geschlechtsverkehr hattest.
Tatsächlich ist es selbst für Gynäkologinnen und Gynäkologen bei einer Untersuchung anhand des Jungfernhäutchens fast unmöglich zu sagen, ob ein Mädchen oder eine Frau schon Sex hatte.
Ob eine Frau als Jungfrau betrachtet werden kann, hängt von unterschiedlichen Vorstellungen und gesellschaftlichen Idealen ab. Welche sexuellen Handlungen zum Verlust der Jungfräulichkeit führen, dazu kann jeder Mensch eine ganz individuelle Meinung haben. Irreführend ist jedenfalls die Bezeichnung „Verlust der Unschuld“ im Zusammenhang mit dem ersten Sex.
Denn Sex hat nie etwas mit Schuld zu tun. Im Gegenteil ist Sex für uns Menschen völlig natürlich, biologisch notwendig und bestenfalls eine Quelle großer Freude. Ob du schon einmal Sex gehabt hast, kann dir jedenfalls kein Mensch eindeutig ansehen.
Kann das Jungfernhäutchen Probleme verursachen?
Sogenannte Untersuchungen auf Virginalität werden bis heute in bestimmten patriarchalen Gesellschaften und Familien-Strukturen durchgeführt. Viele Eltern fordern einen Beweis für die Jungfräulichkeit ihrer Töchter.
Diese Untersuchungen können bei jungen Frauen und Mädchen zur großen seelischen Belastungen führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Vereinten Nationen (UN) zählen solche Jungfräulichkeits-Test schon lange als Menschenrechtsverletzung und als Form von sexueller Gewalt.
Auch, weil diese erniedrigende Praxis keine medizinische Grundlage hat. Laut einer Studie kamen unterschiedliche Ärztinnen und Ärzte bei wiederholten Untersuchungen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Nichtsdestotrotz sind die Konsequenzen bei einer "nicht bestandenen" Untersuchung in vielen Kulturkreisen verheerend.
Nach sexuellem Missbrauch: Wie finde ich zu einer positiven Einstellung zu Sexualität?
Medizinisch gesehen können sich im Bereich des Hymen Wucherungen bilden. Diese gutartigen oder bösartigen Wucherungen sollten auf jeden Fall von einem Arzt oder einer Ärztin untersucht bzw. behandelt werden.
Auch ein komplett verschlossenes Hymen kann zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen. Diese Fehlbildung bedarf, wie zuvor erwähnt, genauso einer ärztlichen Behandlung.
Quellen & Lesetipps
Quellen
Oliwia Hälterlein und Aisha Franz: Das Jungfernhäutchen gibt es nicht: Ein breitbeiniges Heft. MaroHeft #2 (MaroHefte) Broschüre, 2020.
Artikelbild und Social Media: CatLane/iStock