Migräne-Symptome: Ursachen und was dagegen hilft
Migräne hat bestimmte Symptome, die wiederum auf bestimmten Ursachen beruhen. Aber Migräne kann oft auch behandelt werden. Wir haben mit einer Expertin darüber gesprochen, was du gegen die Kopfschmerzen tun kannst.
Wer Migräne hat, der kennt diese unsäglichen Schmerzen, die eine Migräneattacke mit sich bringt. Welche Ursachen Migräne hat, welche Symptome darauf hindeuten und was gegen Migräne hilft, hat uns Prof. Dr. med. Dagny Holle-Lee im Interview erzählt. Sie ist Leiterin des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums und des Schwindelzentrums an der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Essen. Außerdem ist sie zertifizierte Kopfschmerzexpertin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DKMG).
Migräne: Symptome und Ursachen der Kopfschmerzen
Betroffene kennen Migräne meist als einen Ausnahmezustand – ein Migräneanfall kann dazu führen, den Alltag erstmal komplett runterzufahren. Ein Migräne-Symptom ist laut Dr. Holle-Lee "ein starker Schmerz, der in Attacken auftritt. Diese dauern 4 bis 72 Stunden an". Diese Zeit sei “typischerweise geprägt von Migräne-Symptomen wie Lärmempfindlichkeit, Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit und Geruchsempfindlichkeit."
Da leuchtet es natürlich ein, dass Betroffene als Selbsthilfe für ihren Kopf erstmal ein bisschen auf die Bremse treten. Doch tatsächlich hat es noch einen anderen ganz bestimmten Grund, beim Auftreten der Migräne-Symptome Ruhe zu suchen. "Körperliche Anstrengung führt dazu, dass der Schmerz mehr wird. Mit einer ausgeprägten Migräneattacke würde man zum Beispiel nicht mehr zum Sport gehen, sondern sich eher hinlegen", erzählt die Kopfschmerz-Expertin.
Allerdings weist Prof. Dr. Holle-Lee darauf hin, dass nicht alle Betroffenen die Symptome einer Migräneattacke in gleichem Maße spüren würden. "Es gibt auch Menschen, die zum Beispiel nie lichtempfindlich sind, dann kann es aber trotzdem eine Migräne sein. Letztlich geht es darum, dass der Schmerz so beeinträchtigend ist, dass er den Alltag stört", ordnet sie diese Art der Kopfschmerzen ein.
Schwindel komme zudem als Migräne-Symptom häufig vor. Hierbei gebe es aber zu beachten, dass es zwei verschiedene Arten von Schwindel gebe, die bei einem Migräneanfall aufträten: "Es gibt zum einen Schwindel, der mit einer Migräneattacke auftritt, dann wird einem etwas schwummrig. Zum anderen gibt es einen Migräneschwindel, der unabhängig von den Kopfschmerzen auftritt. Dann hat man vielleicht die Symptome einer Migräne mit Licht- und Lärmempfindlichkeit, Übelkeit, etc., aber keine Schmerzen, sondern vielleicht nur Schwindel."
Es kann aber nicht jeder Mensch einen Migräneanfall bekommen. "Man kommt mit der genetischen Veranlagung, eine Migräne haben zu können, zur Welt. Dann gibt es bestimmte Lebensstil-Umstände oder auch Trigger, die eine Rolle spielen", so Holle-Lee, merkt aber auch an, dass es keinen klaren Trigger gebe: "Also, dass man sagen könnte, wenn ich mich so verhalte, dann kommt nie wieder eine Migräne." Das gebe es leider nicht.
Es sei hingegen vielschichtiger und schwieriger zu erkennen, was ein möglicher Auslöser ist. "Es ist leider meist etwas multifaktorielles und jeder Trigger ist auch nicht immer ein Trigger." So würden manche Frauen beispielsweise auf Alkohol als Trigger reagieren – aber nur, wenn sie kurz vor der Menstruation seien. Eine Migräneattacke ist also nicht ganz so einfach gestrickt, es gehe dabei verschiedene Konstellationen, die zusammenkommen müssen, so die Professorin.
Eine gewichtige Rolle spiele bei Migräne auch Stress – oftmals führt dabei aber gar nicht der Stress selbst zu den Migräneattacken, sondern diese treten in der Phase des Stressabfalls auf. So sind Attacken am Wochenende oder in den Ferien gut zu erklären.
Migräne: Hormone bei Frauen als Trigger
Was du vielleicht auch schon gelesen hast ist, dass die Pille bei Frauen der Auslöser für Migräne ist. Doch hier grenzt Prof. Dr. Holle-Lee klar ein, dass der Grund nicht unbedingt die Pille zur Verhütung sein muss, sondern tatsächlich nur ein falscher Zusammenhang angenommen wird.
Vielmehr würden die Hormone eine Rolle spielen, "deswegen fängt es häufig auch in der Pubertät an. Das ist der Trigger. Die Pille spielt keine so große Rolle, es ist aber so, dass der Beginn der Therapie mit einer oralen Kontrazeption und der Beginn der Migräne häufig zusammenfallen. Man nimmt das ab dem Anfang der Pubertät ein und die Migräne beginnt mit der Pubertät, deswegen haben Frauen häufig das Gefühl, dass das zusammenhängt. In den allermeisten Fällen hat das aber mit der Pille überhaupt nichts zu tun."
Ein Auslöser von Migräne ist die Pille im Normalfall also nicht. Falls dir die Absetzung der Pille aber geholfen hat, deine Migräneanfälle zu bessern, ist es trotzdem gut. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass die Pille nur sehr selten etwas mit den Beschwerden einer Migräneattacke zu hat.
Migräne mit Aura: Symptomatik der Vorboten
Einige Betroffene, die unter Migräneattacken leiden, berichten von einer sogenannten Aura. Darunter verstanden werden oft Sehstörungen, die schon vor den eigentlichen Kopfschmerzen auftreten. Der Schmerz komme erst, nachdem die Aura zurückgegangen sei: "Das ist zum Beispiel ein Flimmern vor den Augen, das sich langsam ausbreitet im Gesichtsfeld und danach wieder zurückgeht. Das dauert zwischen 5 und 60 Minuten." Viele Migränepatienten berichten auch über anhaltendes Verschwommen-Sehen während der Kopfschmerzen. Das ist dann aber keine Aura.
Die Kopfschmerz-Expertin weiß allerdings auch, dass es noch weitere Symptome einer Migräne-Aura geben kann, unter anderem Sensibilitätsstörungen wie eine taube Hand oder eine taube Lippe seien möglich, ebenso wie Sprachstörungen "oder sogar Lähmungen. Typisch ist, dass es langsam anfängt mit der Symptomatik, sich wieder abbaut – und dann kommt der Schmerz."
Um eine Migräne-Aura zu unterbrechen, gebe es zwar experimentelle Versuche, dies zu tun, diese seien jedoch noch nicht abgeschlossen. Zurzeit gebe es “noch keine gute Therapie zur Durchbrechung der Aura". Man müsse die Beschwerden dahingehend angehen, dass es gar nicht erst zu vielen Auren komme.
Migräne-Häufigkeit und welche Hirnregionen eine Rolle spielen
Die Migräne-Häufigkeit verteilt sich recht ungleich zwischen den Geschlechtern – Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Laut Prof. Dr. med. Holle-Lee hätten rund 15% der Frauen und 6-8% der Männer in Deutschland Probleme mit Migräne.
Allerdings sei die Ausprägung der Beschwerden bei den Betroffenen höchst unterschiedlich. Einerseits gebe es Menschen, die sehr schwer betroffen seien und jeden Tag Schmerzen bzw. die Symptome spürten – also quasi an einer chronischen Migräne litten. Andererseits gebe es Betroffene, die lediglich ein oder zwei Mal im Jahr heimgesucht würden. "Dann ist es sicher besser auszuhalten", sagt die Expertin.
Bei der Frage, wo im Gehirn was während eines Migräneanfalls passiere, spricht die Oberärztin von einer "Netzwerkstörung". Es gebe nämlich nicht "den einen Migränegenerator, der immer dafür zuständig ist". Daher weist sie auf mehrere Hirnregionen und Strukturen hin, die allesamt am Auslösen der Migräne beteiligt seien: "Der Hirnstamm ist sehr wichtig, der Nervus trigeminus spielt eine Rolle, das Ganglion trigeminale (beim fünften Hirnnerv) spielt eine ganz wichtige Rolle und auch die Verbindung dieser Strukturen in den Hirnräumen."
Migräne-Behandlung: Was hilft gegen die Kopfschmerzen?
Bei vielen Krankheiten reicht es, wenn wir zum Arzt gehen und ein paar Medikamente wie Schmerzmittel nehmen. Manchmal helfen auch Hausmittel wie der richtige Tee, um Beschwerden zu lindern. Bei der Behandlung von Migräneattacken ist es leider so, dass die Krankheit nicht final besiegt werden kann. Wie sieht die richtige Behandlung der Kopfschmerzen also aus?
"Grundsätzlich heilbar ist es nicht, weil es in den Genen angelegt ist", bestätigt Prof. Dr. Holle-Lee. Man könne aber etwas machen. Zum einen nennt sie in diesem Zusammenhang eine Akuttherapie, um eine akute Migräneattacke in den Griff zu bekommen – also, wenn die Schmerzen kommen: "Das sind ein paar Grundregeln: man legt sich hin und macht es dunkel, um die Reiztriggerung rauszunehmen. Es gibt aber auch sehr gute Schmerzmittel. Hier muss man ausprobieren, mit welchem Schmerzmittel man am besten klarkommt. Es gibt bestimmte Migränemittel, die sogenannten Triptane, die nochmal etwas besser wirken als die 'normalen' Schmerzmittel." Es sei jedoch auch in diesem Fall wieder individuell, was genau helfe.
Ein zweiter Punkt sei die Migräneprophylaxe. Die Prophylaxe helfe dabei, dass die Schmerzen und andere Symptome gar nicht erst aufträten. Hier empfiehlt die Expertin vor allem Bewegung, aber auch gleichbleibende Abläufe: "Das Wichtigste bei der prophylaktischen Therapie sind fürs Erste nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ausdauersport, Entspannungsverfahren wie Yoga und progressive Muskelentspannung. Vor allem wichtig ist zudem Regelmäßigkeit im Alltag: Migräne reagiert zum Beispiel empfindlich, wenn man ständig den Schlafrhythmus ändert oder zu unregelmäßigen Zeiten isst."
Die Behandlung der Migräne sei aber auch hier wieder individuell abzustimmen, denn die Ursachen seien ja auch unterschiedlicher Natur. "Viele Patienten berichten allerdings, dass sie am Wochenende Migräne bekommen – wahrscheinlich wegen des Stressabfalls und weil sie ausschlafen. Diese Unterbrechung des Rhythmus führt dazu, dass eine Migräne auftaucht", erzählt Dr. Holle-Lee.
Aber auch Hausmittel könnten helfen – es sei bei den Betroffenen einfach sehr unterschiedlich. "Der Klassiker ist Koffein, das hilft ganz sicher. Einfach einen Espresso oder einen Energy Drink trinken. Wobei man hierbei aufpassen muss, dass man es nicht zu häufig macht, weil zu viel Koffein auch wieder Kopfschmerzen machen kann", warnt die Ärztin. Auch Pfefferminzöl könnte helfen, allerdings sollten Patienten mit Geruchsempfindlichkeit damit vorsichtig sein, da es in diesem Fall stören könnte.
Doch nicht jede Migräne-Behandlung brauche langen Vorlauf: "Manchmal ist sicher auch einfach eine Pause gut – den Bildschirm und andere Außenreize so weit wie möglich runterfahren. Wenn es irgendwie möglich ist, hilft schlafen."
Migräne: Homöopathie als Behandlung?
Auch gegenüber homöopathischen Anwendungen ist Prof. Dr. Holle-Lee nicht verschlossen – solange es helfe, habe alles seine Berechtigung, insofern die Behandlung einige Bedingungen erfülle. Von einer speziellen Behandlung aber rät die Kopfschmerz-Expertin ab: "Wenn jemand Homöopathie oder Ähnliches ausprobieren möchte, spricht überhaupt nichts dagegen. Dagegen würde ich von allem abraten, was viel Geld kostet. Auch von einem sogenannten Migränepiercing würde ich abraten. Ansonsten muss man sich aber einfach kennenlernen und ausprobieren, was hilft."
Zur Person
Prof. Dr. med. Dagny Holle-Lee ist Leiterin des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums und des Schwindelzentrums an der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Essen und zertifizierte Kopfschmerzexpertin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG).
Artikelbild und Social Media: Kiwis/iStock (Symbolbild)