Schmerzen an der Vulva

Vulvodynie: Symptome, Ursachen und Behandlung der schmerzhaften Krankheit

Ein stechender Schmerz, ein unangenehmes Jucken - Vulvodynie kann sich auf viele Arten äußern. Fest steht: Die Krankheit ist für Frauen sehr belastend.

Video Platzhalter
Video: Glutamat

Vulvodynie hat sehr unangenehme Symptome. Die Schmerzen an der Vulva können die Folge von Infektionen, chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen, einer entzündeten Klitoris und weiteren Krankheiten sein - aber auch ohne ersichtlichen Grund auftreten.

Wir haben mit Dr. med. Ellen Mann über die Erkrankung gesprochen. Sie ist Oberärztin an der Universitätsfrauenklinik und Poliklinik des Klinikums Südstadt Rostock. Dort leitet sie u.a. die Dysplasie- und Vulvasprechstunde und ist außerdem in der Geburtshilfe tätig.

Vulvodynie: Krankheit ohne bekannte Ursache

Viele Frauen haben noch nie von Vulvodynie gehört, bis die Beschwerden auftreten. Dabei gibt es verschiedene Auslegungen des Wortes, wie Dr. Ellen Mann betont. Im Allgemeinen würde darunter jegliches Schmerzempfinden an der Vulva fallen. Spezialisten würden den Begriff Vulvodynie hingegen einengen auf Symptome ohne ersichtlichen Grund bzw. Ursache: "Das ist die typische oder auch primäre Vulvodynie. Die Diagnosefindung und Therapie sind schwierig." Insgesamt sei der Begriff aber nicht eindeutig festlegbar.

Auseinandergenommen bedeutet das Wort Vulvodynie nichts anderes als "Schmerzen an der Vulva", doch geht es vielmehr um ein Krankheitsbild, bei dem Frauen Schmerzen und Juckreiz im Bereich der Vulva haben. Dieses habe unklare Symptome, was die Benennung der Ursachen einer Vulvodynie sehr schwierig mache.

Die Ursache für die Schmerzen im Intimbereich der Betroffenen zu finden, sei bei der klassischen Vulvodynie-Patientin schwierig. Die Ursache bleibe häufig ungeklärt, erzählt Mann. Weite man den Begriff allerdings etwas aus, könnten durchaus Ursachen der Beschwerden im vulvovaginalen Bereich festgemacht werden.

"Wenn man die Schmerzen der Vulva unter Vulvodynie versteht, also nicht diesen eingeengten Begriff, dann gibt es viele Entzündungen an der Vulva, die infektionsbedingt sind. Das können bakterielle Infektionen, aber auch virale Infektionen wie Herpes oder eine Pilzinfektion sein. Diese können im Nachgang eine Vulvodynie auslösen. Das ist häufig eine Schmerzerfahrung, die das Schmerzgedächtnis behält. Die Haut bzw. Vulva kann dadurch empfindlicher werden", erklärt die Oberärztin.

Aber nicht nur Infektionen, auch chronisch-entzündliche Hauterkrankungen können eine Vulvodynie zur Folge haben: "Insbesondere Lichen ruber (Knötchenflechte) verursacht einen starken Schmerzreiz, während Lichen sclerosus starken Juckreiz verursacht." Dies werde sekundäre Vulvodynie genannt, die Krankheit habe also einen Auslöser, in dessen Zuge es zu den Schmerzen komme.

Können die Ursachen allerdings nicht festgemacht werden, handelt es sich um eine sogenannte primäre Vulvodynie. Dazu zählten die Vestibulodynie und die Klitorodynie. "Bei der Klitorodynie ist der Klitorisbereich besonders empfindlich", so Mann. Die Untersuchung sei in manchen Fällen sehr schwierig, da man das Genital aufgrund der Schmerzen kaum berühren könne. Die Vestibulodynie betrifft das Vestibulum. Das ist der Bereich zwischen Scheideneingang und Übergang in die kleinen Schamlippen.

Vulvodynie-Symptome: Wie sich die Krankheit äußert

Die Vulvodynie zeigt sich durch Symptome wie Schmerzen und Juckreiz an der Vulva. Dabei ist der Schmerz nicht immer gleich und hat viele verschiedene Ausprägungen, wie die Rostocker Oberärztin sagt. Viele Frauen beschreiben demnach ein starkes Brennen oder stechende Schmerzen als Leitsymptom. Die Beschwerden können die Frauen sehr belasten und in ihrem Alltag stark beeinträchtigen.

Dabei treten die Schmerzen bei manchen Frauen vor allem auf, wenn sie sich zur Ruhe legen - also nachts. "Zu dieser Zeit sind wir generell schmerzempfindlicher, da weniger Endorphine, also körpereigene Opioide, ausgeschüttet werden. Des Weiteren sind wir weniger abgelenkt und können uns auf die Beschwerden konzentrieren. Das kennt man von anderen Schmerzen auch."

Es gebe aber auch Frauen, die tageweise gar nichts und dann um die Menstruation herum deutlich mehr Beschwerden hätten, erklärt die Medizinerin.

Die betroffenen Frauen seien durch Symptome wie Juckreiz oder Schmerz stark beeinträchtigt im Sexualleben und im partnerschaftlichen Zusammensein, da die Schmerzen oftmals bei jeglicher Berührung aufträten - also auch beim Geschlechtsverkehr.

Vulvodynie-Behandlung: Kombination mit Schmerz- und Psychotherapie

Bis eine Diagnose gestellt ist und die eigentliche Behandlung begonnen wird, kann es ein langer Weg sein. Meist würden die Patientinnen mit ihrer Erkrankung erst in die Dysplasiesprechstunde kommen, wenn die Gynäkologen in der Praxis nicht mehr weiterwüssten.

Die Diagnose an sich sollte einem standardisierten Ablauf folgen. Am Anfang stehe immer der Ausschluss von Diagnosen, die gezielt behandlungsfähig seien. Dazu gehöre die Entnahme mikrobiologischer Abstriche, um beispielsweise eine Infektion aufspüren zu können, wie Dr. Mann erklärt.

"Unter Umständen kann man durch eine Probenentnahme chronische-entzündliche Hauterkrankungen diagnostizieren, dann gezielt behandeln oder eben auch ausschließen", so die Expertin weiter. Wichtig sei, dass man zunächst nicht invasive Methoden verwende. Daher werde zunächst ein Abstrich gemacht, denn dafür werde keine lokale Betäubung gebraucht und es blute nicht.

Sehr selten könne ein sogenanntes Vulva-Mapping zur Diagnostik von bösartigen Tumoren und deren Vorstufen notwendig werden. So könne bei ausgedehnten Befunden die Lokalisation und Größe genauer festgelegt und die Therapiestrategie bzw. Operation besser geplant werden.

Manchmal sei es jedoch auch schwierig, überhaupt eine Diagnose zu stellen. Die Frauen würden berichten, dass bisherige Arztbesuche keine Diagnose gebracht hätten und man ihnen sagen würde, es sei alles in Ordnung. Dennoch hätten sie Schmerzen. Da das nicht zusammenpasse, könne in diesen Fällen ein sogenannter Provokationstest helfen. Dabei werde eine spezielle Salbe mit dem Wirkstoff Lidocain aufgetragen. Nach kurzer Zeit könne der Arzt gerötete Bereiche sehen und den Frauen dadurch bestätigen, dass ihre Wahrnehmung nicht falsch sei.

Nicht selten seien die Symptome lebensbestimmend und beeinträchtigten das partnerschaftliche Miteinander, wie den Sex, aber auch die gesellschaftliche Teilhabe und tägliche Aktivität. Ein vorrangiges Ziel der Therapie sei es daher, den quälenden Juckreiz und Schmerzen deutlich zu lindern und die subjektive Lebensqualität wieder zu verbessern.

Dazu bedürfe es der multidisziplinären Therapie zusammen mit Psycho- und Schmerztherapeuten. Hilfreich könnten sich Entspannungstechniken oder auch verhaltenstherapeutische Ansätze auswirken. Wenn die Ursache der Symptomatik nicht geklärt werden könne, sei dies eine Möglichkeit, auf andere Art und Weise an den Schmerz ranzugehen. Dafür müssten die Patientinnen aber auch offen sein.

Die Expertin hebt zudem die Folgen hervor, die durch Schmerzen an der Vulva beim Sex entstehen können: "Die Frauen sind in der Partnerschaft extrem beeinträchtigt. Es hat einen ganz großen Einfluss, wenn Geschlechtsverkehr nicht mehr möglich ist, was für die meisten zu einer Partnerschaft dazugehört. Daran können Partnerschaften scheitern. Darunter leiden die Frauen natürlich extrem." Deswegen sei es immer wichtig, dass eine offene Kommunikation zwischen den Partnern zustande komme und für die Frauen psychologische Angebote in die Behandlung mit eingebunden seien.

Die Ärztin erzählt außerdem, dass viele Frauen von Selbstzweifeln betroffen seien. Daher sei es wichtig, dass Frauen nicht so sehr an sich selbst zweifelten. Oft würden diese denken, dass sie vielleicht unrein seien oder sich nicht genug wuschen - was aber nicht der Fall sei.

Förderlich sei es ebenso, keine bestimmten körperlichen Aktivitäten oder Alltägliches zu verbieten. Gynäkologen würden oft abraten, einen Stringtanga zu tragen, Fahrrad zu fahren oder schwimmen zu gehen. Auch das Abraten von Slipeinlagen oder Tampons komme immer wieder vor.

Das sei aber kontraproduktiv, da es nicht die auslösenden Ursachen für die Beschwerden seien, so Dr. Mann. Durch die zusätzliche Reglementierung nehme man den Frauen etwas weg, wodurch sie eigentlich ein gutes Körpergefühl hätten und sich ablenken könnten, erklärt sie. Sie rate Patientinnen daher einfach auszuprobieren, was ihnen guttue, um das normale Körperempfinden zu stärken.

Vulvodynie: Häufigkeit und welches Alter betroffen ist

Die Häufigkeit der Vulvodynie sei nicht genau abzuschätzen, wie Dr. Mann erklärt, da es keine guten Zahlen, aber auf jeden Fall eine hohe Dunkelziffer gebe. Schätzungen seien, dass etwa 5% aller Frauen betroffen seien.

Was das Alter betrifft, lasse sich Vulvodynie nicht genau eingrenzen, dennoch gebe es einige Unterschiede in den verschiedenen Altersklassen. Bei jüngeren Frauen zwischen 20 und 30 sei eine schmerzhafte Erfahrung infolge einer Infektion eher die Ursache für die Erkrankung. Die Ärztin schränkt für junge Frauen zudem ein, dass die klassische Vulvodynie nur sehr selten vorkomme.

In höheren Altersgruppen, vor allem in der sogenannten Perimenopause, seien eher chronisch-entzündliche Hauterkrankungen wie Lichen ruber ursächlich für die Erkrankung. Altersbezogene Aussagen seien jedoch insgesamt schwierig, da Vulvodynie in jedem Alter vorkomme.

Klitoris entzündet: Welche Rolle die Entzündung bei einer Vulvodynie spielt

Während die primäre Vulvodynie ohne erkennbare Ursache auftritt, sind die Beschwerden der sekundären Vulvodynie die Folge einer anderen Erkrankung wie einer Infektion und der daraus resultierenden Entzündung. Könnte eine Vulvodynie also auch entstehen, wenn die Klitoris entzündet ist? "Ja, das gibt es auch", bestätigt die Medizinerin, um direkt einzuschränken, dass dies nur sehr selten vorkomme.

Wenn die Klitoris entzündet ist, seien Symptome und Ursache meist eindeutig: Die Klitoris ist geschwollen. "Manchmal ist die Ursache, dass das Präputium (Klitorisvorhaut) eingeengt ist, in anderen Fällen hat sich das Smegma darunter besiedelt und konnte nicht abfließen", erklärt die Fachärztin.

Bei der Behandlung komme es auf die Schwere der Entzündung an der Klitoris an. Möglich sei zum Beispiel eine desinfizierende Spülung. Wenn das Präputium der Klitoris sehr eingeengt ist, könne ggf. ein kleiner Schnitt zur Erweiterung erforderlich sein, damit der Verhalt der Körperflüssigkeiten wieder abfließen kann.

Bewusst vermeiden lasse sich eine Klitorisentzündung kaum, da es für Frauen im Gegensatz zu Männern schwierig sei, sich gezielt unter der viel kleineren Vorhaut zu waschen. Wenn die Klitoris anschwelle, schmerze und gerötete Stellen habe, rate sie daher zum Besuch beim Frauenarzt. Eine entzündete Klitoris sei gut behandelbar und ziehe in der Regel auch keine Beschwerden nach sich. Langzeitschäden seien nicht bekannt.

Hilfe bei Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie findest du auch über die Vaginismus-Selbsthilfe.

Zur Person:

Dr. med. Ellen Mann ist Oberärztin an der Universitätsfrauenklinik und Poliklinik des Klinikums Südstadt Rostock. Dort leitet sie u.a. die Dysplasie- und Vulvasprechstunde, außerdem ist sie in der Geburtshilfe tätig.

Artikelbild und Social Media: Tharakorn/iStock (Themenbild)