Anerzogenes Schönheitsideal? Was Beinbehaarung bei Frauen mit Selbstliebe zu tun hat
Waxen, Epilieren, Rasieren: Haarfreie Beine bei Frauen gelten als schön und scheinen die Norm zu sein. Dies zu hinterfragen, hat mich auf eine Reise der Selbstliebe und -akzeptanz gebracht.
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Von klein auf wird uns eingetrichtert, dass Frauen glatte Beine haben sollten, während Beinbehaarung bei Männern normal und sogar erwartet zu sein scheint. Doch wer entscheidet eigentlich darüber, was schön oder normal ist?
Haarlose Beine als Schönheitsideal
Mit 12 Jahren sagte ich den Haaren auf meinen Beinen den Kampf an. Nach dem missbilligenden Blick einer Mitschülerin war ich entschieden, den blonden Flaum auf meinen kindlichen Beinen für immer aus dem Sichtfeld zu verbannen. Gesagt, getan. Während ich die präpubertären Härchen kurzerhand abschor, fühlte ich mich zum ersten Mal wie eine richtige, erwachsene Frau.
In diesem Moment übernahm mein Teenager-Ich dasselbe Bild von Weiblichkeit, das überall in den Köpfen verankert ist: geschminkt und glatt wie ein Babypo. Das mir auferlegte Idealbild, welchem ich nun fleißig hinterher eiferte, wurde schon bald zur Last.
Wie stehe ich selbst eigentlich zu Körperbehaarung?
Schönheit liegt nicht nur im Auge des Betrachters - Schönheitsideale werden dem Betrachter zu einem gewissen Grad anerzogen. Die eigene Selbstbestimmung bleibt dabei häufig auf der Strecke: Wieso lasse ich andere über meinen Körper entscheiden?
Überall wird suggeriert, dass weibliche Körper in ihrer natürlichen Form nicht genügen würden. Bevor wir uns in die Öffentlichkeit begeben, sollen wir Zeit und Geld in unser Erscheinungsbild investieren. Selbst in Rasier-Werbespots gleiten diese über ohnehin schon makellos-glatte Beine.
Nur verwahrloste Hippie-Frauen haben Beinbehaarung? Vorurteilhaftes Schubladen-Denken wie dieses nimmt uns den Raum zur Entscheidung: Wie stehe ich eigentlich zu meiner Körperbehaarung? Die Wahrnehmung des eigenen Körpers müssen wir von den Erwartungen um uns herum erst einmal freischaufeln.
Ein ehemaliges Date verschärft meinen Blick auf das Thema: „Da ist aber mal wieder eine Rasur fällig“, kam die selbstgefällige Bemerkung, als er ungefragt nach meinem Bein tastete. Angesichts seiner borstigen Körperbehaarung war sein Kommentar zwar absurd, und dennoch traf er ins Schwarze. Wer hat ihm das Mitspracherecht auf meinen Körper erteilt? Empört dachte ich mich weiter in Rage: Ich bemühe mich doch nicht ernsthaft darum, die Erwartung von jemandem zu erfüllen, der so ungefragt über meinen Körper urteilt? Mal abgesehen davon, dass er diese Erwartung selbst nicht erfüllen muss, denn ihm quatscht niemand in seine Rasurgewohnheiten rein.
So habe ich die anerzogenen Schönheitsideale verlernt
Dass man die anerzogenen Schönheitsideale hinterfragen und auch verlernen kann, zeigt mir eine gute Freundin. Sie will den strengen Blick auf ihre Körperbehaarung lockern, und steigt aus dem Teufelskreis der „Rasur-Diktatur“ aus. Als wir uns an einem heißen Sommertag treffen, trägt sie ein kurzes Kleid, dass die Härchen auf ihren Beine durchaus offenbart. Über den zarten Flaum bin ich einen Moment baff, doch je länger wir nebeneinander herlaufen gewöhne ich mich daran und finde ich es sogar beeindruckend.
Tatsächlich ermutigen mich ihre Beinhaare, den unfreien Blick auf meinen eigenen Körper zu hinterfragen. Ich stelle fest: Je mehr ich natürlichen (!) und unrasierten Körpern begegne, ob im Alltag oder auf Instagram, desto größer wird die Akzeptanz für meinen eigenen Körper.
Kurz gesagt: Dein Körper, deine Entscheidungen. Noch wichtiger ist es, seinem Gegenüber den Freiraum zur Entscheidung zu lassen. Das Körperbild von anderen zu akzeptieren, bedeutet auch, sich selbst mehr zu akzeptieren. Das Buch „Super (hairy) Woman“ von Anna C. Paul lässt sich in dem Kontext sehr empfehlen, denn es beschreibt die Reise der Selbstakzeptanz am Beispiel Körperbehaarung.
Schließlich sind alle Menschen haarig, egal welches Geschlecht sie haben. Somit profitieren wir alle von mehr Akzeptanz und Wohlwollen im Umgang mit unseren Körpern. Vielleicht schaffen wir es dann endlich, spontan ins Freibad gehen können, ohne uns dabei unwohl zu fühlen oder blöde Blicke zu kassieren.
Artikelbild und Social Media: iStock/Delmaine Donson; Collage: Wunderweib Redaktion