Co-abhängige Beziehung: So befreist du dich aus der Co-Abhängigkeit!
Was hinter Co-Abhängigkeit steckt und welche Ansätze helfen, typische Verhaltensmuster zu durchbrechen und sich aus einer co-abhängigen Beziehung zu befreien.

- Was bedeutet Co-Abhängigkeit?
- Phasen der Co-Abhängigkeit
- Co-abhängige Beziehung - Das macht sie aus
- 12 Anzeichen, dass du in einer co-abhängigen Beziehung bist
- Ursachen für extreme Abhängigkeit von dem*der Partner*in
- Warum sind co-abhängige Beziehungen so gefährlich?
- Raus aus dem Teufelskreis: Wie kann man Co-Abhängigkeit überwinden?
Das Thema „Co-Abhängigkeit“ ist vielen vor allem in Bezug auf Suchtkrankheiten bekannt. Doch es kann auch co-abhängige Beziehungen geben, die für eine*n oder auch beide Partner*innen schlimme Folgen haben kann. Was steckt hinter dem Phänomen und was kann man tun, wenn sich Verhaltensweisen einer Co-Abhängigkeit in der eigenen Beziehung zeigen? Wir verraten mehr.
Was bedeutet Co-Abhängigkeit?
Als „Co-Abhängigkeit“ wird ursprünglich die Beziehung zwischen einem Menschen und einem*einer suchtkranken Angehörigen beschrieben. Damit ist gemeint, dass Angehörige oder Partner*innen emotional in das Leid des*der Süchtigen involviert und abhängig von dessen Hilfebedürftigkeit sind.
Suchtkranke hingegen leiden unter der Sucht an sich, manipulieren jedoch auch nahestehende Personen, um ihr weiter nachgehen zu können. Zum Teil wird die Sucht der Betroffenen sogar von Angehörigen unterbewusst gefördert, indem sie vertuscht oder sogar noch finanziell unterstützt wird. So entsteht ein ungesundes Wechselspiel, bei dem beide leiden.
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Phasen der Co-Abhängigkeit
Eine Co-Abhängigkeit lässt sich häufig in drei Phasen beobachten:
Phase des Beschützens
Bemerkt ein*e Partner*in, dass der*die andere unter einer Suchterkrankung leidet, dann hofft er*sie zu Beginn häufig noch, dass es nicht so schlimm ist oder die Person es wieder aus der Sucht herausschafft. Im Verhalten spiegelt sich das dann zum Beispiel dadurch wider, dass die Sucht des*der Partner*in heruntergespielt oder verheimlicht wird.
Auch wird dem*der Suchterkrankten sehr viel Mitgefühl entgegengebracht. Der*die Partner*in zeigt womöglich Verständnis für die Sucht und versucht, dem*der anderen schwere Aufgaben im Alltag abzunehmen. Doch mit diesem vermeintlichen Beschützer*innen-Verhalten, kann die andere Person der Sucht weiter ungehindert nachgehen.
Phase der Kontrolle
In der 2. Phase de Co-Abhängigkeit versuchen die Partner*innen das Suchtverhalten der anderen Person zu kontrollieren. Zum Beispiel indem er*sie Suchtmittel wie Alkohol oder Drogen entsorgt.
Das hilft dem*der Partner*in aber nicht unbedingt bei der Bewältigung der Sucht. Es führt vielmehr dazu, dass er*sie der Sucht heimlich nachgeht.
Phase der Anklage
Die Sucht von Partner*innen kann die co-abhängige Person auf Dauer stark belasten. Die Folge ist Wut und Verzweiflung. Das kann dazu führen, dass sie dem*der suchtkranken Partner*innen ständig Vorwürfe macht und von ihm*ihr verlangt, die Sucht zu stoppen.
Das kann zu Auseinandersetzungen führen und das gegenseitige Vertrauen immer weiter schwächen.
Co-abhängige Beziehung - Das macht sie aus
In Beziehungen ohne Suchtkrankheit zeigt sich co-abhängiges Verhalten jedoch ebenfalls: Es entsteht häufig, wenn ein*e Partner*in an einer Bindungs- oder Beziehungsstörung leidet, bei der er*sie den*die jeweils andere*n zum Mittelpunkt des eigenen Lebens macht. Die Rollenverteilung in co-abhängigen Beziehungen sieht dann folgendermaßen aus:
Partner*in mit Bindungsstörung: Er*Sie ist von der anderen Person emotional abhängig, richtet sein*ihr Leben komplett nach den Bedürfnissen des*der anderen aus, hat Angst verlassen zu werden, klammert und braucht sehr viel Bestätigung. Diese Menschen übernehmen in der Beziehung quasi die Rolle des "Süchtigen", der*die ohne sein*ihr "Suchtmittel", in dem Fall der*die Partner*in, nicht auskommt.
Partner*in ohne Bindungsstörung: Der*die andere Partner*in hat meist keine Bindungs- oder Beziehungsstörung, leidet jedoch unter dem klammernden Verhalten des*der anderen. Ähnlich wie Angehörige von Suchtkranken, können auch Partner*innen von emotional abhängigen Menschen deren ungesundes, liebessüchtiges Verhalten verstärken, indem sie beschützend und kontrollierend werden oder ihre Machtposition zur Manipulation des*der anderen ausnutzen.
Durch diese ungleiche Gewichtung in der Rollenverteilung entsteht eine Beziehung, in der beide Partner*innen nicht gleichberechtigt sind. In diesem ungesunden Gefüge ziehen sich beide Menschen gegenseitig weiter runter, verstärken das negative Verhalten des*der jeweils anderen. Eine gesunde Liebesbeziehung auf Augenhöhe ist das nicht.
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12 Anzeichen, dass du in einer co-abhängigen Beziehung bist
Eine co-abhängige Beziehung kann sich auf ganz unterschiedliche Weise äußern und ist nicht immer sofort pathologisch. An diesen 12 eindeutigen Alarmsignalen kannst du erkennen, dass mindestens ein Part in eurer Beziehung abhängig von dem*der jeweils anderen ist. Wenn du also das Gefühl hast, in einer Co-Abhängigkeit mit deinem*deiner Partner*in zu sein, dann sollten dir die folgenden Symptome entweder bei dir selbst oder im Verhalten deines*deiner Liebsten bekannt vorkommen:
Du hast extreme Angst davor verlassen zu werden und allein zu sein.
Du hast das Gefühl, ohne deine*n Partner*in einfach nicht mehr leben zu können.
Du stellst deine eigenen Bedürfnisse immer hinter seine*ihre.
Du willst ihm*ihr alles Recht machen und vermeidest Streitigkeiten mit ihm*ihr.
Du hast keine eigenen Hobbies oder Interessen, die du alleine ausübst.
Du versuchst immer da zu sein, wenn er*sie nach Hause kommt.
Du leidest an Ängsten, Depressionen oder Panikattacken seit du mit ihm*ihr zusammen bist.
Freunde und Familie sorgen sich bereits, da du kaum mehr Zeit mit ihnen verbringst.
Du bist sehr eifersüchtig.
Du brauchst ständig Bestätigung von ihm*ihr und fühlst dich nur dann geliebt.
Du fühlst dich ohne ihn*sie unsicher und unwichtig.
Du hast das Gefühl, dass du viel mehr Liebe für ihn*sie empfindest, als er*sie für dich.
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Ursachen für extreme Abhängigkeit von dem*der Partner*in
Die Ursachen für eine Co-Abhängigkeit können sehr vielfältig sein. Oft leidet ein*e Partner*in an einer Bindungs- oder Beziehungsstörung, wie z. B. bei Liebessucht, Harmoniesucht oder emotionaler Abhängigkeit. Auch im Fall von Persönlichkeitsstörungen, wie Borderline, kann der*die Betroffene abhängig von dem*der Partner*in sein. Hier findest du weitere fünf Ursachen für Co-Abhängigkeit in der Beziehung:
1. Frühe Verlusterfahrungen: Wer als Kind früh eine geliebte Person verloren hat oder Vernachlässigung durch die Eltern erlebt hat, sucht als Erwachsener nach Sicherheit in Beziehungen. Solche Menschen neigen vermehrt dazu, sich in der Liebe zu einem*einer anderen komplett zu verlieren. Gleichzeitig haben sie aufgrund ihrer frühen Erfahrungen mit Verlust extreme Angst, dass auch diese Person sich von ihnen trennen könnte. So entsteht eine emotionale Abhängigkeit von dem*der Partner*in.
2. Persönlichkeitsstörungen: Wie bereits oben erwähnt, können auch Persönlichkeitsstörungen, wie bei Borderliner*innen, Narzisst*innen oder Histrioniker*innen dazu führen, dass eine co-abhängige Beziehung entsteht. Die Störungen bedingen das Einnehmen einer unterwürfigen oder sehr dominanten Rolle. Zum Teil handelt es sich hier jedoch auch um toxische Beziehungen.
3. Erlernte Abhängigkeit: Oft erleben Menschen, die später abhängig von ihrem*ihrer Partner*in sind, dasselbe Beziehungsgefüge bei den eigenen Eltern. Sie erleben die Co-Abhängigkeit der Elternteile als etwas Natürliches und führen dieses ungesunde Verhaltensmuster als Erwachsene selbst fort. Sie haben den inneren Glaubenssatz, dass die Rollenaufteilung in einen helfenden und einen hilfebedürftigen Part in der Liebe normal ist.
4. Niedriges Selbstbewusstsein: Menschen, die sich von einem*einer Partner*in emotional abhängig machen, haben oft ein sehr geringes Selbstbewusstsein. Verantwortlich für dieses Selbstbild sind oft Ablehnung und ständige Kritik durch die Eltern oder andere nahestehende Personen. Dadurch sind diese Menschen extrem abhängig von dem Urteil anderer. Ohne die Zuneigung und die Bestätigung durch den*die Partner*in, haben sie das Gefühl nicht leben zu können.
5. Helfersyndrom: Wer in einer co-abhängigen Liebesbeziehung den helfenden, also dominanteren Part einnimmt, hat eventuell ein Helfersyndrom. Dabei geht er*sie in der Rolle des Beschützers komplett auf und braucht die Bewunderung des Partners*der Partnerin um sich gut zu fühlen.
Die Verhaltensmuster und Strukturen einer Co-Abhängigkeit sind für die Betroffenen oft kaum erkennbar, was eine Diagnose ohne professionelle Hilfe schwer macht. Was sich allerdings deutlich zeigt, sind die Auswirkungen des Phänomens: Co-Abhängige leiden oft unter psychosomatischen Beschwerden, die zum Beispiel von Verspannungen über Kopf- oder Rückenschmerzen bis hin zu Essstörungen oder sogar Depressionen reichen können.
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Warum sind co-abhängige Beziehungen so gefährlich?
Selbstaufgabe, Machtspielchen, Sucht oder Helfersyndrom: In einer co-abhängigen Beziehung zeigt mindestens ein*e Partner*in ein ungesundes Verhaltensmuster, das eine ehrliche und gleichberechtigte Partnerschaft unmöglich macht. Die Bedürfnisse beider Partner*innen sollten klar kommuniziert werden und gleich wichtig sein.
Deshalb ist es so wichtig, Grenzen zu setzen: So lernst du Nein zu sagen, um dich vor emotionaler Ausbeutung zu schützen.
Wenn sich einer immer nur für den anderen aufopfert oder unter dem zwanghaften Klammern (Hoovering) des*der Partner*in leidet wird die Beziehung toxisch und nimmt höchstwahrscheinlich ein frühes Ende.
Achtung: Co-Abhängigkeit ist auch oft ein in missbräuchlichen Beziehungen enthaltener Mechanismus. Deshalb nutzen gerade Narzisst*innen die Unsicherheit des emotional abhängigen Teils, um die eigenen Bedürfnisse und Machtwünsche durchzusetzen.
Raus aus dem Teufelskreis: Wie kann man Co-Abhängigkeit überwinden?
Um eine Co-Abhängigkeit zu überwinden muss diese zunächst einmal von den Betroffenen erkannt werden. Dieser Schritt ist vermutlich die größte Hürde, danach ist vor allem professionelle Hilfe von unschätzbarem Wert.
Die wichtigsten 10 Schritte für Personen in einer co-anhängigen Beziehung sind:
Problematik der Situation erkennen
Einschätzung von Außen holen
Zufriedenheit in der Beziehung hinterfragen
Gründe für die Abhängigkeit herausfinden
Innere Glaubenssätze über Liebe und Partnerschaft reflektieren
Generelles Verhalten in Beziehungen und Freundschaften analysieren
Professionelle Unterstützung suchen, z. B. durch eine Therapie
Eigenes Selbstwertgefühl aufbauen
Selbstständigkeit erarbeiten
Sich selbst und dem*der Partner*in verzeihen
Fazit: Je nach Situation und Art der Co-Abhängigkeit können beide Partner*innen gemeinsam mit einem*einer Therapeut*in arbeiten, um eine gesunde Beziehung miteinander aufzubauen. Manchmal kann eine Trennung jedoch auch ein essenzieller Schritt zur Befreiung und Genesung sein, vor allem wenn die ungesunde Rollenverteilung zu tief in beiden verwurzelt ist.
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